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Felsenhügels, den die uralte Königsburg der Beherrscher Altkastiliens krönt. Der klare Arlanzon trennt die eigentliche, von Mauern und Gräben umgebene Stadt von den Vorstädten. So weit das Auge reicht, ist eine lachende Gegend, Reichthum an Grün, kraftvolle Vegetation und – ein seltener Anblick in Spanien – majestätischer Baumwuchs. Sorgfältige Kultur darf man freilich nicht erwarten; aber auch nicht deren widrige Wirkung. Denn blickt die Hand des Menschen, welche die Natur der Regel unterwirft, zu sehr hervor, dann ist’s um einen Theil des Malerischen einer Landschaft schon geschehen. Die phantastische Freiheit in Spanien steht ihr immer besser an, als ihr geschmigeltes Wesen in Holland. – Die Dörfer liegen weit aus einander; dichter zusammen aber rücken Klöster und Villas, meistens ansehnliche Gebäude, in reizender, eine freie Aussicht beherrschender Lage. Ihre weißen Giebel und die hohen, schön geformten Glockenthürme durchbrechen und überragen die dunkelgrünen Blättermassen, mit denen sie, wie von heiligen Hainen umgeben sind; hie und da breiten sich einige einzelnstehende, riesengroße Kiefern fächerartig aus, wie Palmen des Südens. Die Aussicht reicht gegen Abend hin, durch das breite Flußthal, bis zum 20 Stunden fernen Valenzia; nordöstlich aber ist sie beschränkt und geschlossen durch die nahe Sierra, die Wasserscheide zwischen Ebro und Duero, von welchen Strömen jener sein Wasser dem mittelländischen, dieser dem atlantischen Ocean zusendet.

Wendet man den Blick von der Gegend auf die Stadt zurück, so verliert sich das Auge in einem Labyrinthe enger Straßen und Häusergiebel und Thürme, deren Zahl unglaublich ist. Selten ruhen die Glocken: – und wenn an Sonn- oder Festtagen das gellende Geläute aller zugleich die Gläubigen zur Messe ruft und die Klöster der Nachbarschaft in den Chorus mit einfallen, dann wird’s eine Musik, die kein menschliches Ohr ertragen kann. Schweigen sie aber, – dann ist’s Todtenstille in diesen Höhen, kein dumpfes Gesumse, Leben und fröhlich schaffende Thätigkeit verrathend, dringt aus dem Chaos herauf und die Ruhe der Seligen scheint über Stadt und Gegend gebreitet. –



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/15&oldid=- (Version vom 9.10.2024)