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Bevölkerung von Burgos sich wie das Blut durch das Herz bewegt, ist zugleich der Centralpunkt des hiesigen Lebens.

Die Zeit der Erbauung der Basilika fällt in das 13., 14. und 15. Jahrhundert. 250 Jahre unermeßlichen Fleißes und überschwenglicher Kunst reichten hin, ein Werk harmonisch zu vollenden, dessen tiefe Zweckmäßigkeit und hoher Ernst des Plans; dessen kühne und wohlverstandene Anordnung und unendlicher Ideenreichthum in Schmuck und Verzierung, eben so sehr mit Bewunderung erfüllen, als die Größe der Masse Erstaunen abnöthigt. Der Wunderbau, welcher aussieht, als wäre er von der Hand eines Benvenuti Cellini aus leichter Filagränarbeit zusammengefügt, bildet doch eine Steinmasse so groß, daß sie nur von wenigen christlichen Kirchen übertroffen wird. Des Doms Länge mißt 320 Fuß, die Breite 216, und die Höhe der beiden das Portal überragenden Thürme ist nicht weniger als 170 Ellen. Auf der Mitte des Kreuzes erhebt sich der Hauptthurm mit acht Pyramiden. Ueber den zwei Eingängen des Kreuzarms ist, 120 Fuß über dem Boden, eine Gallerie zwischen zwei, mit hohen durchbrochenen Pyramiden dekorirten Pfeilern, so daß das ganze Gebäude eigentlich zwölf Thürme zählt. Sie sind alle ohne Kern und jeder wird von acht schmalen, sich im Knopfe vereinigenden und schließenden Rippen gebildet, welche wieder durch leichte, in Zweigen, Blumen und tiefsinnigen Verzierungen ausgebreiteten Horizontalrippen mit einander verbunden sind. Aus jedem Knopfe tritt eine Blume. Sinniger Gedanke des Meisters, mit den Symbolen der Unschuld sey das Gotteshaus zu krönen!

Das Innere des Doms, obschon der Dünkel der neuern Kunst und des verdorbenen Geschmacks manches verändert und entstellt hat, ist des grandiosen Aeußern würdig. Keine Hand breit Raum ist ohne Verzierung, und doch ist dieser unendliche Reichthum keineswegs ermüdend, oder läßt den Gedanken an Ueberladung zu. Die Mannigfaltigkeit in den Formen, sowohl des Schnitzwerks von Holz, als der Figuren von Stein, ist so groß als die Zartheit ihrer Ausführung. Auf eine wunderliche, oft rührende Weise mischt sich das Groteske in die Darstellungen der ernstesten Gegenstände der Religion und des Lebens, eine Eigenthümlichkeit, der man, als Element der mittelalterlichen christlichen Kunst, in den bedeutendern Schöpfungen derselben allwärts begegnet.

Ich schweige von den Schätzen, welche in diesem Gebäude bewahrt liegen; von den Heiligen-Bildsäulen aus Silber, den mit Edelsteinen verzierten goldnen Kirchengefäßen, Meßgewändern, Kleidern der Madonna und ihrer heiligen Frauen etc. etc. – Der Erzbischof, der, nach dem von Toledo, die erste geistliche Würde im Reiche verwaltet, ist der Hüter des Schatzes: – aber was das Dekret der Cortes nicht vermochte, den todten Schatz heben, das wird die Anarchie, sobald sie, der wenigen Fesseln baar, ihre höllische Mission in dem unglücklichen Lande vollendet.

Nicht so groß als der Reichthum an Juwelen, Gold und Silber, ist der an Malereien in dieser Basilika. Doch enthält sie einige Hauptwerke der Kunst: eine Magdalena von Raphael und ein wunderschönes Bild von Michel

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/13&oldid=- (Version vom 9.10.2024)