Seite:Meyers Universum 4. Band 1837.djvu/97

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

das Gelangen zu den geistigen, und zur höheren wissenschaftlichen Bildung vernachlässigt werde. Seltsamer Irrthum! Man gibt zu, daß im Bezug auf das Volksschulwesen Amerika alle Länder Europa’s überflügelt habe; daß eine Erscheinung, wie sie Frankreich, ja selbst Preußen in seinen östlichen Provinzen, noch gegenwärtig aufweist, daß nämlich Taufende von Dörfern keine Schulen haben, und daß Zehntausende von Kindern ohne allen Unterricht groß wachsen, in Nordamerika etwas Unerhörtes ist. Man leugnet nicht mehr, daß kein Land in der Welt für die Elementarschulen verständiger und freigebiger gesorgt habe, als die Union[1]; aber man wirft ihr vor, als wäre für höhere Lehranstalten dort wenig gethan, weit weniger, als der Reichthum des Landes und seiner Einwohner erwarten lasse. Sehe man zu, wie dieser Vorwurf vor folgenden Thatsachen Stand hält!

Zu Ende des vorigen Jahres zählten die Vereinigten Staaten 81 Gymnasien, (Colleges) mit 749 Professoren, die alte Sprachen, (Lateinisch, Griechisch, Hebräisch), neuere Sprachen, Mathematik, Philosophie, Sternkunde, Geographie und Geschichte lehrten. Die Schülerzahl in sämmtlichen Gymnasien überstieg 34,000. Universitäten bestehen 13, mit 260 Professoren und etwa 5000 Studenten. 37 theologische Seminarien mit 230 Professoren und über 3000 Studenten sorgen für die Vorbereitung zum Priesterstande. Sieben dieser Institute gehören


  1. Schon vor 15 Jahren gab das Edinburgh Review das Geständniß: Die Mehrzahl der Amerikaner ist besser unterrichtet, als die Masse in irgend einem europäischen Lande. Der gereizte alteuropäische Dünkel bestritt gar heftig diese Behauptung und der Streit führte zu näherer Erforschung, welche die Wahrheit jener schon damals bewies. – Nachstehende, aus den neuesten „Annals of Education“ entnommene Angaben, die sich auf offizielle, jährlich erneuerte Recherchen stützen, sind von großem Interesse.
    Verhältniß der Schulunterricht erhaltenden Kinder zur Gesammtbevölkerung der verschiedenen Staaten:
    Nordamerikanische Republiken:
    In New York wie 1 zu 3¾
    In Massachusetts wie 1 = 3⅞
    In Rhode-Island wie 1 = 4
    In Maine wie 1 = 4
    In Connektitut wie 1 = 4
    In Delaware wie 1 = 4½
    In Pennsylvanien wie 1 = 6
    In New-Yersey wie 1 = 7½
    In Virginien wie 1 = 8
    Europäische Republiken:
    In der Schweiz in 6 nördl. Kantonen wie 1 zu 6
    Europäische monarchische Staaten:
    In Würtemberg wie 1 = 6
    In Bayern wie 1 = 7
    In Preußen wie 1 = 7
    In den Niederlanden wie 1 = 8½
    In Schottland wie 1 = 9½
    In Oesterreich wie 1 = 12
    In England wie 1 = 13
    In Frankreich wie 1 = 17
    In Ireland wie 1 = 18
    In Portugal wie 1 = 88
    In Rußland wie 1 = 367