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Gestirne und leuchtet nicht mehr! Sie leuchten darum nicht weniger und wandern im Universum nicht langsamer die ihnen von der Allmacht angewiesene Bahnen. – Unabweislich und unabänderlich verkündigt jedes Morgenroth einen kommenden Tag. Was hat es geholfen, daß man Völker ersäuft im Blut, um die alten Formen zu bewahren? Den Geist, der in ihnen wohnte, den Nachtgeist der Unwissenheit, den trieb der erste Strahl des Feuers aus, das Faust und Guttenberg vom Himmel holten; er ist verflogen auf immer. Leserlich allem Volk stehen die Interessen der Wahrheit und der Menschheit am erhellten Horizonte. Wo ist noch Drang in den Nationen, oder nur Willfährigkeit, die Kriege der Könige und ihrer Dynastien zu schlagen? Selbst der Nationalhaß ist der Macht ein unbrauchbares Werkzeug geworden, und an der Stelle jener erkünstelten Mordlust der Völker, welcher das Wort „Vaterlandsliebe“ als Folie diente, ist das Nachdenken über der Gesellschaft Zwecke und Rechte, über ihren Zustand, und die Mittel und Wege, diesen zu verbessern, getreten.

Kunst und Wissenschaft, ehedem Sonderbesitz Weniger, ist und wird täglich mehr ein Gemeingut Aller, und die Vereinigung der Menschheit zu einer Familie, deren Glieder durchaus gleiche Rechte und gleiche Ansprüche auf Glückseligkeit haben, mit voller Freiheit, sie auf jede vernünftige Weise zu erstreben, gilt bei jedem Vernünftigen als höchster und letzter irdischer Zweck der Civilisation.

Aber dieses neue Weltreich, dessen Idee schon Pythagoras und so viele Denker nach ihm offenbarten, das aber erst durch Guttenberg’s Kunst von Individuen zu Völkern herabstieg, fand bei jedem Versuche zur Ausführung unübersteigliche Hindernisse auf der alten Erdhälfte, Hindernisse, die vor ein paar Jahrhunderten noch entmuthigender waren, als jetzt. Jenes Weltreich bestand in der Vorstellung Vieler; aber es hatte keine Existenz im Raume und in der Zeit. Man war sich unveräußerlicher Rechte bewußt; aber so bald sie sich geltend zu machen strebten, brachen sie an den Privilegien der begünstigten Kasten, wie leichte Schaumwolken am Fels. Umsonst mühten sich ab die Völker; umsonst markteten sie um die Anerkennung einzelner Rechte, und brachten andere zum Opfer; umsonst vergossen sie im verzweifelten Ringen Ströme von Blut; nirgends wollte es recht gelingen. Da ward’s Tausenden und Hunderttausenden unheimlich hierhüben, und die Sehnsucht nach einem Asyl führte die Blicke nach dem neuen Continente. Auswanderung nach Nordamerika wurde das Losungswort Aller, welche den Zustand in Europa weder vernünftig, noch erträglich fanden und die für die praktische Anwendung ihrer Ideen Raum und Freiheit suchten. Aber auch die Gegner freuten sich des gefundenen Auswegs, denn er entfernte Diejenigen, deren Anwesenheit ihnen Schrecken, und deren Pläne ihnen immerwährende Furcht einflößten. – Daß die Entdeckung und Ansiedelung Nordamerika’s nicht in eine frühere Periode fiel, daß sie nicht den bigotten und trägen Spaniern zu Theil geworden ist, sondern arbeitsfrohen Britten in der Zeit ihrer politischen und religiösen Emancipation, als die höchste Freiheitsbegeisterung die Nation durchdrang; daß endlich auch die Auswanderungs-Kanäle im Lauf der Zeit sich nicht verschlämmten, sondern rein gehalten und so erweitert wurden,