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das untrügliche Gepräge der allgemeinen Opulenz an sich tragen, ersetzt. Eines der schönsten Gebäude ist das Rathhaus, der Gegenstand unsers Bildes. Vor demselben breitet sich die Mall aus, ein schöner Park, auch ein Denkmal des Gemeinsinns eines Mannes, der auf die herrliche Anlage ein großes Vermögen wendete und sie dann der Stadt schenkte, seinen Mitbürgern immerdar zum Genuß und zum Vergnügen. In jenem Gebäude halten die Repräsentanten des Volkes ihre Versammlungen. Ihren Sitzungssaal ziert eine colossale Statue Washington’s von Marmor, welche für das schönste Werk der Skulptur in Amerika gilt. Von der Tribune des Doms hat man einen weiten Umblick auf die Gegend, über den Hafen, in dem Bord an Bord und Mast an Mast sich drängen, und auf die herrliche Bay von Massachussets, die tausend Segel beleben.

Außer dem Rathhause zeichnen sich von öffentlichen Gebäuden noch aus: das Obergericht; das Stadtgericht (Munizipal-Court-House); Fanuel-Hall für die Bürgerversammlungen; die beiden Theater; das Zollhaus; Merchants-Hall (die Börse); das Pantheon, und viele der 60 Kirchen. Die von St. Pauls (Common-Street) bewahrt den Cenotaph des Generals Warren, welcher in dem folgeschweren Kampfe bei Bunkershill den Tod des Helden starb. Franklin’s Grabmal schmückt den Todtenacker im Granary-Ground. Da ruhen die Gebeine dieses großen Mannes (jener Wenigen einer, welche das Beiwort groß vor dem Richterstuhle der Vernunft verdienen) zwischen denen seiner Aeltern.

Um Boston ist alles classischer Boden der Freiheit. Der Name Bunkershill ist längst heilig gesprochen in den Annalen der Menschheit, und wenn die Heiligenscheine der alten Welt vergangen sind, wird dieser noch glänzen. Auf der Stätte, wo die erste Schlacht geschlagen wurde für die Freiheit einer halben Welt (und wenn nicht alle Zeichen trügen, nicht für die Freiheit jener halben Welt allein!) erhebt sich jetzt ein Obelisk, 200 Fuß hoch, als Erinnerungsmal für die Gefallenen[1]. Die neue Welt ist dankbarer gegen die Schatten seiner Heroen, als die alte. Ich habe als Knabe auf dem Lützener Schlachtfelde nach der Stätte gesucht, wo Gustav Adolf unserer Glaubensfreiheit den Sieg errungen und mit seinem Leben bezahlt hat. Ich suchte lange; endlich zeigt mir ein den heiligen Blutacker umpflügender Bauer in wüstem Dorngestrüpp einen unbehauenen Feldstein, das einzige Merkmal. Als ich später, als Jüngling, wieder kam, fand ich um den Stein einige Pappeln gepflanzt, und der Platz war nothdürftig gereinigt. Ein Russe that’s – sagte der Führer, und ich setzte mich auf den Stein und weinte, und schämte mich des deutschen Namens. –




  1. Trumbull, der größte Maler Nordamerika’s, welcher, als der Freiheitskampf losbrach, den Pinsel wegwarf und das Schwert ergriff, hat der Bunkershill-Schlacht, an der er persönlich Theil nahm, durch seine Kunst ein vielleicht noch dauernderes Denkmal gesetzt. Dieses ergreifende Gemälde ziert jetzt das Kapitol in Washington. Im Auftrage des bibliographischen Instituts ist ein talentvoller Künstler schon seit 3 Jahren beschäftigt, solches (im größten Format) auf Stahl zu übertragen. Der Stich wird noch in diesem Jahre erscheinen.