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Die unsterbliche Kunst eines Rubens und mehrer seiner berühmtesten Schüler und Zeitgenossen zierte das Innere dieses Gotteshauses. Das Rubens’sche Bild, die Kreuzabnahme, ist allein mehr werth als manches königliche Museum, und ist des großen Malers Meisterstück. Von Napoleon nach Paris entführt, wurde es 1815 wieder zurückgebracht und von den Antwerpenern so festlich empfangen wie ein Triumphator. – Das Haus, welches Rubens bewohnte und die Jakobskirche, wo sich ein würdiges Denkmal über seiner Ruhestätte erhebt, wird kein Fremder unbesucht lassen. Die Augustiner-, die St. Andreaskirche und die der Dominikaner bewahren noch viele Werke der besten Maler der Flanderschen Schule: außer mehrern von Rubens, Gemälde von Van Dyck, Seghers, der Teniers, Q. Mathys, Vennius, Jordans, die fast Alle Antwerpener von Geburt waren, und wetteiferten, die öffentlichen Gebäude ihrer Vaterstadt zu verzieren.




CLXXXVI. Die Bergfeste Stolpen in Sachsen.




Voll Bedeutung schaut aus blauen Lüften
In des Thales frohbelebte Triften
     Stolpen’s Zinne schwermuthsvoll hinab;
Wo gedankenvoll in sich versunken
Die verlassene Liebe schauertrunken
     Einem Könige flucht’ und sich in’s Grab!


Diese bedeutungsvollen Verse waren vor einigen Jahrzehenten in einer Fensterscheibe eines Zimmers dieser kleinen verfallenen Bergveste des Meißner Landes zu lesen. Sie kamen von der schönsten und geistreichsten Frau ihres Jahrhunderts – jener Geliebten des prachtliebenden Königs August des Zweiten von Polen, durch deren Gefangenschaft Stolpen eine Berühmtheit ganz eigenthümlicher Art erlangt hat.

Die Gräfin Cosel, die als Gemahlin des kursächsischen Cabinetsministers von Hoymb an den Dresdner Hof kam, hatte König August durch ihre Schönheit und Bildung so bezaubert, daß sie bald eine vollkommene