Seite:Meyers Universum 4. Band 1837.djvu/218

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und breit, in Höhen und Tiefen, herrscht die todte Versteinerung: jähe Felsenwände, tief ausgefurchte Thäler, finstere Schluchten und ungeheuere Spalten. Hie und da ist ein Thal bestreut mit tiefem, losem Sande, dessen Fläche seine Gestalt mit jedem Windstoße verändert: der einzige Wechsel der Formen in dieser unveränderlichen Natur. An Vegetation, an Keim und Pflanzenwuchs ist fast nirgends zu denken. Blos aus Felsspalten saugen einige verkümmerte, caktusartige Gewächse dürftige Nahrung. Regen fällt nie in dieser Wildniß: – und die wenigen, kleine Oasen nährenden Quellen haben einen bituminösen, schweflichten Geschmack, Zeugniß gebend von des Bodens vulkanischem Ursprung.

Nach einem erschöpfenden Tagesmarsch gelangt man nach Wadi Garandel, dem Elim des alten Testamentes. Um eine erdpechhaltige, kaum genießbare Quelle grünen Akazien, Tamarinden und einige Dattelpalmen von riesenhafter Größe. Hier wird Halt gemacht und gerastet.

Ungern trennt man sich von den grünen Büschen Garandels, um von neuem die Steinwüste zu durchwandern. Ein ermüdender Weg von 5 Stunden führt zur Hamman Faraum, der zweiten Oase. Es ist ein kleiner, mit Binsen überwachsener Sumpf, in dessen Nähe eine niedrige Mauer einen schmalen Raum mit einigen Grabsteinen einfaßt: den Friedhof schiffbrüchiger Engländer, die an der Küste Gut und Leben verloren.

Kalkgebirg zieht sich in Hohlwegen und Thälern auf dem Wege hin, mit abenteuerlichen, wilden Formen, und roth, braun, schwarz und weiß ragt es tausendspitzig gegen den Himmel; eine furchtbare Natur, die den Wanderer mit unheimlichen Vorstellungen bedrängt und ihn an die phantastischen Gebilde arabischer Schauermährchen erinnert. Seitwärts, tief im Hintergrunde, erhebt sich der Cerbal, einer der Bergriesen des steinigten Arabiens.

Das berühmte Thal Faran ist das Ziel der dritten Tagereise. Sein Eingang ist enge, und zu beiden Seiten thürmen sich rosenfarbene Granitmassen auf. Im Hintergrunde ragt der Cerbal. Um ihn stehen Hunderte von Felsthürmen und spitzigen Kegeln, wie ein Heer bewaffneter Trabanten um einen König.

In diesem Thale schlängelt sich ein klarer, murmelnder Bach zwischen immer grünen Ufern, welche Flora täglich mit neuen Kränzen schmückt. Palmen- und Akazienwäldchen verbergen einige Hütten von Stein, die Wohnungen einer Anzahl von Hirtenfamilien, welche sich in diesem Paradiese der Wüste niedergelassen haben. Ich will nicht versuchen, das Entzücken zu schildern, das den Reisenden bei dem Anblicke der Oase ergreift, welche selbst die wilden Beduinen nur mit Freudengeschrei begrüßen.

Die nächste Tagereise bringt endlich zum Ziele. Ihre erste Hälfte führt von neuem durch die abenteuerliche Felsenwelt: Mittags aber lohnt die noch schönere und größere Oase Mackscharath für die ausgestandenen Strapazen im reichsten Maße. Am Eingange dieses Thals sind die Ruinen einer alten Stadt; Reste einer Wasserleitung und von Grabmonumenten im ältesten, phönizischen Style. Auch eine verfallene christliche Kirche steht da – der Rest eines Klosters, das einst hier stand. Die Trümmer tragen den traditionellen Namen Moses-Stadt;