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paar Dornbüsche und trockner Kameelmist geben Holz und Kohlen für den Pilau; das Wasser aber, frisch aus den Schläuchen, schmeckt köstlich, wie Nektar. Die abgezäumten Dromedare suchen sich in der Weite ein kümmerliches Futter; wenn sie zurück kommen, reicht man ihnen einige Hände voll trockener Bohnen, und sie lagern sich um die Reisenden, dicht an einander, in Reihen, wie ein lebendiger Wall. Den Rest des Tages nehmen die Rüstungen für die Nacht hinweg, die schnell hereinbricht. Brennendes Roth breitet sich plötzlich über Himmel und Sandfläche aus; bald ist die Dämmerung verschwunden, der Mond kommt und gießt ein stilles, bleiches Zauberlicht über die einsame Landschaft. Um rothflackernde und knisternde Feuer gruppiren sich die charaktervollen Gestalten der braunen Araber in ihren weißen Mänteln; manche plaudern, erzählen Geschichten und Thaten der Wüste; andere handthieren umher; noch andere strecken sich zur Ruhe. Ein paar aus jeder Gruppe sind mit Brodbereiten beschäftigt; der eine knetet den Teig aus Bohnenmehl in einer hölzernen Schüssel; der andere formt Brodkuchen daraus, ähnlich den Matzen der Juden. Auf glühendem Sand sind sie bald gebacken, und noch heiß verschlingt sie der Araber, Kameelmilch dazu trinkend. Nach dem Mahle rücken die braunen Kerls in kleinere und größere Kreise zusammen, und nun geht es an’s Erzählen der immer frischen Mährchen und Sagen, oder von mitgemachten Fahrten und Abenteuern, Karavanenüberfällen und Plünderungen u. d. gl., wozu das unstäte Wegelagerer-Leben der Araber immer neuen und unerschöpflichen Stoff bietet. Aber den lauschenden Europäer beschleicht ein unheimliches Gefühl; denn wenn er ihre Erzählungen vom Gewande der Poesie entkleidet, sieht er sich unter einer Horde von Räubern.

Suez ist modern und für das alte Kolzun erbaut, von dessen Mauern sich das Meer zurückzog. Der Ort, welcher sich vom Karavanentransit und etwas Schiffbau dürftig nährt, ist arm; die Luft ist ungesund, die Gegend erbärmlich; es ist die Wüste ohne Baum und Pflanze. Der Pascha von Aegypten unterhält eine schwache Garnison in einem die Stadt beherrschenden Fort. Alle Lebensmittel kommen von Cairo, und jeden Sommer dezimiren ansteckende Fieber die Bevölkerung. Doch ist durch die von den Engländern vor Kurzem hier etablirte regelmäßige Dampfpacketfahrt nach Bombay ein bedeutender Schritt zur Belebung des Verkehrs und zur Aufhülfe des Orts geschehen; einige neue, schöne Gebäude und Waarenmagazine, Eigenthum der Britten, zieren bereits den Hafen, und die sich neu gestaltenden Verkehrverhältnisse zwischen Indien und Europa weissagen für Suez eine glänzende Zukunft.

Von Suez wendet sich der Weg einem Sumpfe zu, den einige Palmengruppen umsäumen, die ersten, welchen man von Cairo aus begegnet. Die Pfütze trägt den Namen: „Quellen des Moses.“ Hier wird ausgeruht und gerüstet zum beschwerlichen Zuge durch die Steinwüste, welche unmittelbar bei den Quellen beginnt.

Es ist eine todte, aber höchst imposante Natur, diese Sahara der Felsen. Man möchte der Tradition beinahe Glauben schenken, nach welcher das steinigte Arabien vordem ein Ocean von Lava gewesen, geronnen in dem Augenblick, wo seine ungeheuern Wellen, vom Orkan gegeiselt, als Berge zum Himmel aufschlugen. Weit