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Verzeih’, lieber Leser, die arge Abschweifung. –

Die Burgruine Stolzenfels, eine der prächtigsten am Rhein, liegt bei dem Dorf Capellen auf einem Felsen, der sich kühn über den Strom herüberbeugt. Wohl verdient sie den stolzen Namen. Sie war in der Zeit ihres Glanzes, im 12. und 13. Jahrhundert, die gewöhnliche Sommerresidenz der Trier’schen Erzbischöfe, und viele Kaiser des Reichs in jener Zeit hielten hier Hoflager und Feste. Sie war der Schauplatz der überaus prächtigen Feierlichkeiten zur Verlobung der schönen Isabella, Tochter Königs Heinrich des Dritten von England, mit Kaiser Friedrich dem Rothbart, dem Hohenstaufener. In den Turniren, die hier gehalten wurden, soll, wie die Chroniken erzählen, mehr Blut geflossen seyn, als in manchem Treffen.

Das Schloß galt später mehr für ein Staatsgefängniß, denn für eine fürstliche Residenz, und hatte bis zu Ende des 17ten Jahrhunderts Trier’sche Besatzung. 1688 erstürmten die Franzosen die Veste, sprengten ihre Werke und steckten sie in Brand. Sie wurde nur zum Theil wieder hergestellt, verfiel von neuem und kam 1825 als Geschenk der Stadt Coblenz, an ihren jetzigen Besitzer, den Kronprinzen von Preussen, der ihre Restauration beabsichtigte, die großen Kosten derselben jedoch gescheut hat.

So wird Stolzenfels wohl Ruine bleiben und als solche die schöne Gegend noch in künftigen Jahrhunderten schmücken.




CLXXXII. Hirnischkretschen.




Die Landschaftnatur hat das Große, daß sie nirgends klein ist, und das Eigenthümliche, daß sie niemals ermüdet. Am Sternen- und Wolkenhimmel, auf Bergen und an Strömen, in Felsen-Thälern und auf blumigen Wiesen geht nichts Einförmiges vor, und wenn auch die Contouren Familienähnlichkeiten zeigen, so wird doch der Beschauer an ihrer Ausfüllung niemals den Reiz der Abwechselung vermissen.

Aber was der Natur gelingt, wird ihrer Nachbildnerin, der Kunst, unendlich schwer. Im kleinen Bilde treten die Umrisse fast allein vor’s Auge, und sind in einer Reihe solcher Bilder die Haupt-Charakterzüge gleich, so wird sie unfehlbar übersättigen. Darum werden lange Serien von landschaftlichen Darstellungen einer und derselben Gegend selten gefallen, und wohl in keiner Beziehung gilt das „VARIETAS DELECTAT“ unbestrittener.