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donnernd zustürzt, Dampfwolken, wie ein Vulkan, von sich schleudernd, oder der Schleier eines Staubbachs, kaum hörbar, von duftiger Wand ihn umflattert. –

Landeck ist in diesem Szenenschmuck ein kostbarer Juwel. Von Innsbruck führt die Bregenzer Straße bei der steilen Martinswand vorbei (wem hätte wohl nicht die Romanze die Geschichte vom Kaiser Max erzählt!) über Zirl, Telfs und Nassereith (von dem Gipfel des diesem Ort nächsten Bergs fällt der Blick auf das prachtvollste Amphitheater der ganzen Alpenwelt) nach Imst, einem schönen, gewerbthätigen Flecken, berühmt durch seinen Bergbau und noch mehr durch die Zucht der schönsten Kanarienvögel, mit welchen bis in die fernsten Weltgegenden Handel getrieben wird. Von Imst aus wird das Thal enger, das Flußgefälle steiler, die Bergwände höher und senkrechter. Nach 3 Stunden erreicht man Landeck, dessen Häuser in der finstern Schlucht hinziehen, welche hier so enge ist, daß die hintern Wände der Wohnungen oft von dem Felsen selbst gebildet werden, an denen sie, gleich Schwalbennestern an den Häusern, angebaut sind. Doch hat das gewerbfleißige und gar nicht arme Dorf eine niedliche Kirche. Hoch über dem Orte prangt auf einem Felszacken, wie der Horst eines Lämmergeiers, die uralte Felsenburg, welche dem Dorfe den Namen gab. Die Trümmer sind nicht ohne Anstrengung auf schlüpfrigem Steinpfade zu erklimmen. Aber es lohnt die Mühe der herrliche Blick auf eine der frappantesten Szenen des romantischen Innthals. Unten fluthet und tobt über sein schroff abstürzendes Felsenbett hin der gewaltige Inn und sprühet Dampfwolken auf; ruhig überschreitet die feste Brücke den Zürnenden und der friedliche Verkehr zieht auf ihr unbesorgt unter den Mauern hin, denen einst kein Fuhr- und Handelsmann ohne Todesfurcht im Herzen nahe zu kommen wagte: – denn Landeck war eines der berüchtigsten Raubnester, und seine Besitzer, so oft sie auch wechselten, lebten vom Sattel und Stegreif.

Die Ruinen Landecks sind noch von großer Bedeutung. Wände, Thurmtheile und gewaltige Mauerreste stehen noch, ungerechnet, was von den Burggebäuden zu neuern Wohnungen im Dorfe verwendet worden ist. Die Zerstörung der Veste fällt in das fünfzehnte Jahrhundert.