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Kirchen ist die des heiligen Mauritius die Hauptkirche der Stadt und wir sehen ihren ansehnlichen Thurm im Mittelpunkte des Bildes sich erheben. Der Bau der Kirche war für zwei solcher Thürme berechnet, aber wie bei so vielen Kirchen und Kathedralen, welche an ähnlicher Nicht-Vollendung leiden, kam der zweite niemals zur Ausführung. Indessen ist die Kirche immer ein ansehnliches Gebäude und enthält in ihrem hohen Chor mehrere Grabmonumente, ausgezeichnet sowohl in historischer, als künstlerischer Rücksicht. Das vorzüglichste derselben ist die, aus Alabaster gefertigte, von Figuren, dem Zeitgeschmacke gemäß fast überladene Pyramide, welche dreißig Fuß hoch an der Wand des Chors sich aufrichtet und ein Denkmal ist, welches Herzog Casimir seinen unglücklichen Eltern weihte.[1]

In der Gruft der Morizkirche ruhen alle Mitglieder des herzoglichen Hauses von der Mitte des 16. Jahrhunderts an bis auf die neuesten Zeiten, mit Ausnahme des zuletzt verstorbenen Herzogs Franz und seiner Gemahlin, die in einem eigens für sie erbauten kleinen Mausoleum im freundlichen Hofgarten den Todten-Schlummer schlafen. Die vier übrigen Kirchen sind: die Schloßkirche, die Kirche zum heiligen Kreuz, St. Salvator und die katholische Kapelle außerhalb der Stadt, an der Straße nach katholischem Lande, dem schönen benachbarten Bisthum.

Als Handelsort ist Coburg nie bedeutend gewesen und von größern Fabrikanstalten sind blos die für Rothgarnfärberei, Zeugweberei und Porzellainmalerei bemerkenswerth. Dagegen sind die eigentlich bürgerlichen Gewerbe sehr blühend und sie wurden die Grundlage des Reichthums, der in vielen Bürgerfamilien seit mehren Generationen festgehalten wird. Besonders wichtig ist die Bierbrauerei, welche ein weit und breit berühmtes, sehr gesundes Getränke liefert und ein Kapital von 4 bis 500,000 Gulden beschäftigt. Die hiesigen Sattler-, Schreiner und Wagnerarbeiten sind wegen ihrer Solidität bekannt und beliebt.

Wenn man von Coburg redet, so würde es fast Ueberwindung kosten eines Umstandes nicht zu erwähnen, welcher einen längern oder kürzern Aufenthalt in dieser Stadt dem Fremden mit wenigen Ausnahmen angenehm und werth macht. Es ist dies die treuherzige, edle Biederkeit ihrer Bewohner. Die ungemeine Freundlichkeit der Natur scheint hier auch die Seelen freundlich gemacht zu haben. Coburg bietet dem Fremdling, der sich dort niederläßt, etwas, was er in größeren Residenzen und prächtigeren Städten nur zu oft vermissen wird, ein herzliches Wohlwollen und jenes heitere Entgegenkommen, welches glücklichen Naturen eigen ist und nicht überall getroffen wird.


  1. Der Vater des Herzogs Casimir war Herzog Johann Friedrich der Mittlere von Gotha, der in Folge der bekannten Grumbachischen Händel die Reichsacht auf sich zog und nach 28jähriger Gefangenschaft, wohin ihm seine Gemahlin, Elisabeth von der Pfalz, freiwillig gefolgt war, in Oesterreich starb.