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Geschmacke der Zeit, sondern auch höheren Ansprüchen der Schönheit entspricht, erst im Jahre 1818 durch den jetzt regierenden Herzog. Es konnte damals indessen nur Ein Flügel, der östliche, ganz vollendet werden; an der Umgestaltung des westlichen, welche aus verschiedenen Ursachen eine zeitlang ausgesetzt blieb, wird gegenwärtig eifrig gearbeitet. Das Schloß enthält eine Menge sehr schöner Gemächer, eine Kirche und mehrere Säle, unter denen der Riesensaal, dessen Decke von kolossalen Caryatiden gestützt wird, der ausgezeichnetste ist. Auch viele Gemälde, namentlich aus der niederländischen und neu-französischen Schule, schmücken die Galerien der Residenz und unter den Familienportraits sind mehrere von berühmten Meistern gemalt. Nach dem Schlosse verdienen das Zeughaus, das Regierungsgebäude, das Casimirianum und das Rathhaus genannt zu werden; Gebäude, welche sämmtlich aus der Regierungsperiode des Herzogs Casimir stammen und in ihrer mittelalterlichen Großartigkeit selbst Nürnberg zur Zierde gereichen würden. Das Zeughaus, dessen ursprüngliche Bestimmung sein Name andeutet, dient jetzt zum Lokal verschiedener Behörden und Kassen und in seinem oberen Stockwerke befinden sich mehrere sehr werthvolle Sammlungen. An der Spitze dieser letzteren muß eine Bibliothek von etwa fünfzig tausend Bänden genannt werden, ein Kupferstichkabinet, von dem Vater des regierenden Fürsten zu einem der wichtigsten in Deutschland herangebildet, eine kostbare Gewehrkammer mit den prächtigsten und seltensten Waffen, unter denen sich viele türkische befinden, werthvolle Siegestrophäen eines Feldherrn, dessen Namen die Geschichte mit Achtung und Anerkennung nennt und der dem fürstlichen Hause von Sachsen-Coburg angehörte, des k. k. Generalfeldmarschalls, Prinzen von Coburg, der sein thatenreiches und ruhmvolles Leben im Jahre 1816 hier beschloß; und endlich eine Sternwarte im obersten Raum des Gebäudes. Das Regierungsgebäude, auf dem Markte, dem Rathhause gegenüber, ist ein stattlicher, mit Schnitzsäulen, Wappen, Standbildern und dergleichen verzierter massiver Bau. Es enthält die Sitzungssäle und Kanzleien der höchsten Landesbehörden, mit Ausnahme des Ministeriums. Das Rathhaus umfaßt allen zur Verwaltung städtischer Interessen nöthigen Raum und ist zugleich das Lokal eines Gewerbvereines, einer Sonntagsschule und – einer Anstalt, welche schwerlich in so ehrenhafter Gesellschaft gesucht werden möchte: des Lotto. – Einer besondern Erwähnung verdient das Casimirianum unweit der Hauptkirche. Sein fürstlicher Erbauer hatte es zu einer Anstalt bestimmt, welche die Mitte zwischen Gymnasium und Universität halten sollte, eine Einrichtung, welche lange beibehalten ward, jedoch mit dem Anfang dieses Jahrhunderts eine Aenderung erlitt. Gegenwärtig ist das Gymnasium, nur als solches, in blühendem Zustande und der Leitung einsichtsvoller Männer vertraut. Es zählt unter seinen Hülfsanstalten eine Bibliothek, ein Naturalien-Kabinet und verschiedene physikalische Apparate. Außer dem Gymnasium gibt es an höhern Lehranstalten in Coburg noch ein Seminar für Schullehrer. – Die Anstalten für Elementarunterricht begreifen eine Rathsschule für Knaben, mehrere Mädchenschulen und auch ein kürzlich gegründetes Taubstummen-Institut. Unter den