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Schule ist Holbein’s Muttergottesbild die Perle; die Lukas Kranach, einige Dürer, Tafeln von van Eyck und Lukas von Leyden gehören zu den besten Werken dieser Meister. Aus der französischen Schule sind zwei herrliche Claude und die heroischen Landschaften von Poussin berühmt. – Die Säle der Italiener (Hauptschätze wurden im Kaufe der Modenesischen Gallerie durch August III. für 1,200,000 Thaler erworben) haben einen Reichthum an Corregio’s, wie keine Sammlung in der Welt, und nirgends kann man diesen großen Künstler besser studiren, als hier. Seine Nacht, seine Madonna des heiligen Franziskus, seine Magdalena sind weltbekannt.

Giulio Romano, Tizian (dessen lebensathmende Venus, der Zinsgroschen etc.), Andrea del Sarto, die beiden Palma, Paul Veronese (die Kreuztragung), die Carracci, Guido, die Albani werden durch viele ihrer schönsten Erzeugnisse repräsentirt. Carlo Dolce’s himmlische Cäcilia, Battoni’s reizende Magdalena, Guercino’s Loth, die heilige Nacht des Carlo Maratti, Hero und Leander von Mola sind ächte Perlen der Kunst. Aber die Krone der ganzen Sammlung und aller Bilderschätze der Welt ist der einzige Raphael – die sistinische Madonna[1]. Ursprünglich für das Kloster der Benediktiner zu Piazenza gemalt, erkaufte diesen unschätzbaren Juwel König August der Dritte vor etwa 100 Jahren für die geringe Summe von 17,000 Dukaten.

Die Einrichtungen, welche den Genuß solcher Kunstschätze dem Publikum zugänglich machen, und angehenden Künstlern das Studium derselben ermöglichen und erleichtern, sind musterhaft und in jenem liberalen Geiste, der dem Regentenhause Sachsens seit jeher innewohnt.

In den schönen Sälen des japanischen Pallastes sind die königliche Bibliothek (täglich von 11 bis 1 Uhr geöffnet), die Antikensammlung, das Münzkabinet und die Porzellansammlung aufgestellt. Das weltberühmte Kupferstichkabinet in den Sälen des Zwingers (jetzt unter der Leitung Frenzel’s, Heineke’s würdigem Nachfolger) besitzt an 200,000 Blätter, und die größten, besonders die ältesten Meister, sind hier in einer Vollständigkeit vorhanden, wie sie selbst die Wiener und Münchner Sammlungen entbehren. Im nämlichen Pallaste befindet sich auch das sogenannte grüne Gewölbe, eine sehr zahlreiche und höchst kostbare Sammlung von Seltenheiten, Juwelen und künstlichen Arbeiten in Elfenbein und Alabaster, Metallen und Edelsteinen, zu der, in besonderen Zimmern, Sammlungen von Uhren und Gewehren, von Anfang der Erfindung an, und viele Hunderte von künstlichen


  1. Seit 4 Jahren ist ein bekannter Künstler, in Auftrag des bibliographischen Instituts, beschäftigt, dieses Bild, noch etwas größer, als das berühmte Müller’sche Blatt, in Stahl zu stechen: – ein Werk, das, vollendet, die Kunstwelt als eine der großartigsten und herrlichsten Erscheinungen zu erfreuen verspricht.