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In diesen unruhigen Zeiten wurde aber die Neustadt befestigt, und eine Menge begüterter Landleute suchten vor des Krieges Drangsal und Gräuel in ihren geschirmten Mauern Zuflucht und eine bleibende Stätte. Ihre Bevölkerung mehrte sich während dieser Periode um das Dreifache, und auch in der Altstadt war sie sehr gewachsen. Dabei hatte Dresden das Glück, nie eine Belagerung ausstehen zu müssen. Pest und Seuchen, die damals Deutschland entvölkerten, gingen zwar nicht ohne Einkehr vorüber: doch hatte Dresden weniger davon zu leiden, als die meisten andern deutschen Städte. Noch im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl auf 26,000.

Aber die eigentliche Glanzperiode Dresdens beginnt erst mit dem Regierungsantritt Georg des Zweiten, dessen Prachtliebe Adel, Künstler, Kaufleute und Handwerker aus der Nähe und Ferne in Menge nach der Residenz zog. Viele Anlagen, die jetzt noch zu den Merkwürdigkeiten der Hauptstadt gehören, z. B. der große Garten mit seinem Schlosse, das alte Opernhaus etc. entstanden in dieser Zeit, welche unter der Regierung August des Zweiten, des Starken, oder des Verschwenders, ihren höchsten Glanz erreichten. Unter diesem, von der polnischen Königskrone geblendeten, despotischen, üppigen, aber Kunst und Wissenschaft liebenden und pflegenden Fürsten verdoppelte sich die Häuser- und Volkszahl der Residenz, die sich mit einer Menge Palläste verschönerte, durch deren Bau freilich für die wahre Kunst nichts gewonnen wurde, denn sie tragen den Styl des verdorbenen französischen Geschmacks. Besonders waren es die Neu- und Friedrichsstadt, welche sich damals erweiterten und verschönerten, und erstere wurde durch eine der prachtvollsten Brücken in der Welt mit der Altstadt verbunden.

Der zweite schlesische, noch mehr aber der siebenjährige Krieg, der ganz Sachsen, von Feinden wie von Freunden gepeinigt, die tiefsten Wunden schlug, setzte dem weitern Aufblühen Dresdens ein Ziel, und untergrub seinen Wohlstand auf lange Zeit. August der Dritte hatte bei seinem Regierungsantritt den Willen bethätigt, seines Vaters Verschönerungspläne für die Hauptstadt fortzusetzen; er baute die katholische Kirche und bereitete die Ausführung großer Projekte vor, als der Krieg seiner Thätigkeit eine andere Richtung gab. Dresden fiel mehrmals in Feindes Gewalt. Es wurde schwer gebrandschatzt, und in der Belagerung von 1760 gingen sämmtliche Vorstädte und ein großer Theil der Stadt selbst in Feuer auf. Nach dem Frieden war an Wiederaufbau, nicht an Verschönerung und Erweiterung Dresdens zu denken.

Friedrich August’s lange und väterliche Regierung hatte mehr das Glück und den Wohlstand seines Landes im Auge, als die Verzierung seiner Residenz, was wohl von Fürsten nur zu oft auf Kosten jenes geschehen ist und noch geschieht. Baute der gute König selbst wenig, so erlebte er dagegen die Freude, als Zeichen des wachsenden Wohlstandes, desto mehr Bürger bauen zu sehen, und erstanden auch nicht wichtige, für die Kunstgeschichte interessante Monumente der Kunst, so erheiterten doch die Menge schöner, neuer Häuser, welche an der Stelle von alten und schlechten sich erhoben, und die unzähligen Villen in der Umgebung, der Hauptstadt Ansehen von