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sorgte aber gleichzeitig dafür, daß es nicht zu Stande kam. Vom Regensburger Reichstage, 1541, auf’s neue und hart darum angegangen, berief es Paul, der Nachfolger jenes Pius, zum andern Male für 1542 nach Trient. Aber der Kaiser war indessen auf einen Kriegszug nach Frankreich gegangen, und der römische Hof benutzte diesen Umstand, die Versammlung zum zweiten Male zu vereiteln. Ein paar Jahre verstrichen: da schrieb es der Pabst zum dritten Male aus – für den 15. März 1545, abermals nach Trient. Der Sommer verging in Rangstreitigkeiten unter den Abgeordneten der Kirche, und in – Lustbarkeiten. Endlich am 13. December 1545 wurde die Versammlung, bei welcher sich etwa 110 Bischöfe und Prälaten der christlichen Abendländer eingefunden hatten, feierlichst eröffnet. Der Pabst hatte dafür gesorgt, sie mit seinen Creaturen und mit Leuten, die den Absichten des römischen Stuhls blindlings dienten, zahlreich zu beschicken; und als in der ersten Sitzung der Antrag: daß nicht die Majorität der Nationen, wie zu Constanz, sondern die Stimmenmehrheit der Anwesenden bei den Berathungen entscheiden solle, durchging, war auch der römischen Curie gewonnenes Spiel gesichert. Der Pabst leitete das Conzilium durch den Kardinal del Monte, dem Haupte der römischen Legation. Eine Kurierlinie zwischen Trient und Rom, und stündliche Correspondenzen während der Versammlungszeit, dienten dazu, um aus allen Ereignissen in der Zwischenzeit Nutzen zu ziehen, und Alles zum Vortheile der Absichten des römischen Hofs zu wenden, der nichts mehr fürchtete, als eine von allen weltlichen und vielen geistlichen Fürsten gewünschte Wiedervereinigung der gespaltenen Kirche, auf billige und solche Grundlagen gegründet, welche auch den Protestanten annehmbar wären. So gingen die Erwartungen und Hoffnungen von Abstellung alter Mißbräuche und von Verbesserung des Kirchenwesens, welche die Völker auf diese Versammlung ihrer Oberpriester gestellt hatten, schon im Keime zu Grunde, und gleich nach den ersten Sitzungen wurde die Klage der besserwollenden Minderzahl, das Conzilium sey nicht frei und ein williges Werkzeug des römischen Bischofs, laut und offenkundig. Am 3. März 1547 entschied man, daß derjenige lateinische Bibeltext, welcher als Vulgata bekannt ist, fortan als der ausschließlich authentische, und die Kirche als alleinige Auslegerin desselben gelten solle, und der noch wichtigere Beschluß, welcher die Tradition, als Erkenntnißquelle der christlichen Religion, der Bibel gleich stellt, ging voraus. Durch diesen wurde jene Menge kirchlicher Gebräuche, welche die heil. Schrift nicht vorschreibt, die aber die Kirchenväter erwähnen, oder spätere Synoden einführten, und welche die Protestanten als schriftwidrige Erfindungen des Aberglaubens, der Priester-Herrschsucht, der Geldgier und des Betrugs ansehen, göttlichen Satzungen gleichgeachtet, und die ungeheuere Lehre von der unumschränkten Gewalt der Kirche über Glauben, Cultus, Gut und Leben der Christen, erhielt Stabilität und Unantastbarkeit. Es lag in solchen Beschlüssen die Absicht des römischen Stuhle klar zu Tage. Dem Trienter Conzil, (anstatt es, nach den Hoffnungen und Wünschen der Völker, zum Friedensstifter und Versöhner der kirchlichen Angelegenheiten zu machen), wollte er die dämonische Bestimmung geben, die Spaltung der Kirche und die Trennung von Katholiken und Protestanten