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dringt mit dem stürmenden Heer zum Hauptthor herein; während Zahllose auf Leitern und mittelst Stricken und Hacken die Mauern erklimmen. Die Skulpturen des Plafonds, der zum größten Theil eingestürzt ist, versinnlichen religiöse Gebräuche. Erbaut wurde dieses Denkmal, das Strabo ausführlich beschreibt, 2500 Jahre vor Christo.

Hinter einem Palmenwäldchen, auf einer Anhöhe, von weitläufigen Ruinen umgeben, liegt das Dorf Gurnah.

Hier gränzt das Reich des Lebens dicht an das des Todes; denn die Libysche Wüste, eine völlig unfruchtbare, wasserlose Felslandschaft, zieht sich bis zum Dorfe herab. – Nahe bei demselben, in einem schauerlichen, dunkeln Felsthal, in welches sich zahlreiche Schluchten einmünden, ist die Nekropolis der alten Thebais. Alles an diesem Orte erweckt den Gedanken an Trauer und Tod. Hier sproßt kein Grashalm; hier rieselt keine Quelle; hier singt kein Vogel; alles Lebendige ist geflohen. Nur der Wind heult in den Schluchten sein ewiges Klaglied!

Aber welche Pracht in diesen unterirdischen Pallästen des Todes, in diesen Mausoleen der Pharaonen! Welche Erhabenheit in diesen Denkmälern einer untergegangenen Kultur, deren Größe wir nur anstaunen, nicht begreifen können!

Lange unterirdische Gallerien führen zu großen Sälen, die labyrinthartig durch Gänge mit einander zusammenhängen. Diese aus dem festen Gestein gehauenen Räume sind mit den kostbarsten Skulpturen geschmückt, theils Basreliefs, theils vollrund gearbeitete Bildwerke, und die Plafonds und Zwischenräume der Seitenwände zieren Freskomalereien.

Gegenwärtig sind diese Gräber, seit so vielen Jahrhunderten den beutesuchenden Arabern und antiquarischen Plünderern preisgegeben, kläglich entweiht. Die Särge der Mumien, welche in Nischen reihenweise übereinander standen, sind, um der Kostbarkeiten willen, die zuweilen den Todten mitgegebenen wurden, längst zerbrochen; unversehrte kommen nur noch als Seltenheiten vor: aber die unzerstörbaren Todtenpalläste selbst sind geblieben und werden von dem hohen, ernsten, tiefsinnigen Cultus und der großartigen Sinnesart der Aegypter auch dann noch Zeugniß geben, wenn der Zahn künftiger Tausende ihre in der Oberwelt errichtete Riesenbauten alle zu Staub zermalmt hat. –

Das linke Nilufer verlassend, werfen wir jetzt noch einen Blick auf das jenseitige Gestade. Dort sind die größten und prächtigsten Reste des alten Theben, die herrlichsten in ganz Aegypten, die colossalsten der ganzen Welt.

Zuerst zum Pallast von Luxor! Unmittelbar am Nil, auf einem über 2100 Fuß langen und etwa halb so breiten Sockel von Mauerwerk, erhebt er sich als ein Wald von Säulen, über dem, Ehrfurcht erweckend, hohe Pylonen und schlanke Obelisken ragen. Alles ist riesenstark und groß an diesem Bau; die Hauptsäulen haben eine Höhe von 62 und einen Umfang von 30 Fuß! – In einem der Höfe stehen, auf haushohem Schutt, die elenden Hütten des Dorfes Luxor!

Und dieses gewaltige Gebäude ist doch nur eine Art von Pavillon, ein Anhängsel eines noch weit unermeßlichern,