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und Sesostris, die Alexander und Cäsaren des alten Aegyptens, wenn sie von ihren Zügen als Welteroberer heimkehrten, in der Mitte ihrer Heere ihre Triumphe. Jetzt ist dieser weite Bezirk, welcher die ganze gegenwärtige Bevölkerung Aegyptens in sich aufnehmen könnte, von Bewässerungsgräben durchzogen und zu Maisfeldern benutzt. –

In geringer Entfernung von der großen Rennbahn, bei’m Dorfe Medinet-Abu, machen sich die Torso’s zweier Menschenkolosse aus Granit, die 36 Fuß hoch waren, bemerklich. Ohne Zweifel zierten sie den Eingang eines von der Erde verschwundenen Riesengebäudes, zu welchem ein Pavillon von gewaltigen Dimensionen gehört haben mag, der sich auf einem Schutthügel in der Entfernung von 500 Schritten erhebt. Seine geneigten Wände sind mit sehr erhabenen Reliefs angefüllt, die Macht des Regenten, mit welcher er sich gegen seine Feinde rächt und die dem Gesetze ungehorsamen Unterthanen bestraft, eindrucksvoll veranschaulichend. Stufen führen auf die Decke dieses Pavillons, und hier hat man eine weite, entzückende Aussicht. Nach Westen fällt sie auf die arabische, den Horizont bekränzende Bergkette, nach Nordwesten auf die Lybischen Berge, gegen Osten breitet sie sich über die große, nach dem Rücktritt der Ueberschwemmung grüne Ebne von Theben aus, und der Blick schweift mit unnennbaren Gefühlen über die malerische, schweigende Trümmerwelt hin. –

Zunächst, und noch im Bezirke des Dorfes Medinet-Abu, steigt der Pallast des Sesostris empor. – Ein Thor bildet den Eingang unter einem Pylon (einer abgestumpften Pyramide), der, in der Fronte und da, wo er aus dem Boden hervortritt, 200 Fuß breit ist. Seine Mauer haben die Dicke von 27 Fuß, und tiefer Schutt liegt über 30 Fuß hoch. Mit Erstaunen sieht man, daß diese vor 35 Jahrhunderten errichteten gewaltigen Konstruktionen, aus Werkstücken bestehen, die noch ältern verfallenen Monumenten entnommenen wurden. Alle Außenwände zieren merkwürdige, bei keinem andern ägyptischen Monumente vorkommende Skulpturen, die auch das Innere des Pylonenthors schmücken, welches in einen großen Hof führt. Hallen umringen ihn und vor jedem Pfeiler steht ein Riesenbild des Osiris. Die Decke der Gallerien ist aus Felsblöcken zusammengesetzt, welche wahrscheinlich zur Unterlage schwebender Gärten gedient haben. – Diesen ersten Hof schließt ein zweiter Pylon, dem ersten gleichend. Durch die 50 Fuß hohe und 35 Fuß breite, mit Hieroglyphen und Figuren prachtvoll verzierte Granitpforte desselben, zu deren Schwelle breite Stufen hinanleiten, kömmt man in den auf drei Seiten mit hohen Säulengallerien umgebenen inneren Hofraum. Abermals sieht man kolossale Figuren ägyptischer Gottheiten vor jeder Säule. Viele stehen noch wie sie vor viertehalb Jahrtausenden gestanden; andere liegen herabgestürzt und zertrümmert auf dem Boden. In der Mitte dieser weiten Aera fallen einige 3 Fuß dicke, 24 Fuß hohe aufrechtstehende Säulen auf, deren Schaft aus einem Granitblock gehauen ist. Diese Konstruktionen haben mit den ägyptischen keinen Zusammenhang; es sind Reste eines neuern Tempels. Wahrscheinlich hat dieses Gebäude dem verschiedenen Kultus der Eroberer des Landes dienen müssen; daß es auch