Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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Elemente von Indien empfangen, ausbildete zu einer hohen Kultur, und ein Geschlecht von Menschen (die Aethiopier), jetzt der Auswurf der Menschheit, weil sie krauses Haar und eine schwarze Haut haben, die bürgerlichen und Religionssysteme gründete, die, mannichfach verändert, über die Welt regieren bis auf den heutigen Tag. Siehe hier die Stätte, wo die merkwürdigsten und größten Männer des Alterthums, Gesetzgeber, Philosophen, Dichter und Propheten ihre Bildung erhielten und die Lehren empfingen, deren Anwendung der Kulturgeschichte der Menschheit ihren Gang anwieß. Hier dichtete Homer; hier wirkte Joseph, der hebräische Staatsmann; hier drang Moses, der große Stifter der geläuterten Gotteslehre und der Regenerator seines Volkes, in die Tiefe der Geheimnisse der Priester; hier sammelte Pythagoras die Ideen für seine Theorie der Seelenwanderung; Herodot schrieb seine Geschichte hier nieder; Plato lebte 13 Jahre in Aegypten, meistens in Theben, und Hypokrates dankt das Meiste seines gepriesenen Wissens in der Heilkunde der Mittheilung Thebaischer Gelehrten. Demokrit, der Geometer, studirte in Theben; Lykurg und Solon brachten aus Aegypten die Ideen einer Neugestaltung der gesellschaftlichen Ordnung in ihr Vaterland zurück; Thucydides, Hekatäus von Milet, Thales, Ephorus von Cumae, Euklid, Plutarch und Archimedes, Diodor, Strabo, Manetho und der Syrakusaner Philist machten in Theben ihre Studien, oder die Metropole am Nil zum Ziel ihrer Reisen.
Theben ward lange vor unserer Zeitrechnung von Osiris, einem Aethiopischen Fürsten indischer Bildung, gegründet. Er erhob es zur Hauptstadt seines Reichs, das Oberägypten, Nubien und Abyssinien einschloß. Memnon verschönerte es und schmückte es (6200 Jahre vor Christo) mit den herrlichsten Riesen-Werken der Baukunst aus. Seinen höchsten Glanz erreichte es unter Sesostris, dem Alexander der Urgeschichte, welcher, nachdem er die damals bekannte Erde, vom Himelaja bis zum Atlas, und vom Don bis zum persischen Meerbusen, erobert hatte, das Sumpfland des untern Nilthals an sein Heer von 400,000 Streitern vertheilte, welche es durch Kanäle austrockneten und viele Städte anlegten. Als Mittelpunkt des größten Reichs der Erde füllte sich Theben mit unermeßlichem Reichthum und unglaublicher Bevölkerung an. Homer, der vor etwas länger als 3000 Jahren, zur Zeit des Trojaner-Kriegs, als Theben schon durch das emporblühende rivalisirende Memphis von seinem alten Glanze Vieles verloren hatte, die Stadt beschrieb, sagt noch von ihr:
Wenn ich ihm böte, was Theben hegt, die Hauptstadt Aegyptens, wo
Reich sind die Häuser an Schätzen, und hundert Thore sich öffnen; etc.
Noch mehr aber als die Alten von der Herrlichkeit der Nilstadt berichten, verkündigen uns die Ruinen, deren merkwürdigste wir jetzt betrachten wollen. –
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/56&oldid=- (Version vom 28.7.2024)