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Erschrockenen steht ein Hirtenknabe zur Seite, mit Kletterstab und Steigeisen, und dieser zeigt ihm mit den Worten: „Getrost, Herr! Gott kann euch helfen und er will euch helfen“ einen rettenden Pfad. Also gelangte Maximilian wieder zu den bekümmerten Seinen, die ihn wie einen vom Tode Erstandenen empfingen. Als aber der Kaiser, nach des Wiederfindens erstem Entzücken, nach dem Jüngling fragte, hieß es, er sey unter der Menge verschwunden. Niemals hat man ihn wiedergesehen. Da wähnte das Volk, ein Engel, von Gott zur Rettung des Kaisers gesendet, sey es gewesen und der fromme Glaube baute an der durch das Geschehene geheiligten Stelle das kleine Gotteshaus und stiftete in demselben eine ewige Lampe, die erst in den Wirren des 18. Jahrhunderts erlosch.




C. Negroponte.




Negroponte ist das Euböa der Alten. Sie ist die größte Insel des griechischen Archipels (76 Meilen groß) und von der Ostküste Livadiens durch eine Meerenge getrennt, deren Breite bei der Hauptstadt Negroponte (dem ehemaligen Chalcis) so gering ist, daß eine Brücke, welche am vorderen Theil zum Durchlassen der Schiffe aufgezogen werden kann, die Insel mit dem festen Lande verbindet. – Euböa wird seiner ganzen Länge nach von einer hohen Bergkette durchzogen, welche Hochwald bedeckt. Herrliche, üppige, wohlbewässerte Thalgründe sind überall, und der Boden bringt fast ohne Bestellung Getreide, Wein und Oel in Ueberfluß hervor. Das Klima ist mild und gesund. Aber der vielhundertjährige Druck des Despotismus hat alles vernichtet, und was die Natur mit freigebiger Hand darbietet, – das zu genießen fehlen die Menschen. Erpressungen aller Art (die Grausamkeit der türkischen Befehlshaber auf Egripos war sprüchwörtlich geworden in ganz Hellas!) hatten bis zur Zeit des griechischen Unabhängigkeitskampfes das Volk gänzlich erschöpft. Die Insel war fast verödet; die meisten Dörfer lagen verlassen da, viele Städte in Trümmer, Kirchen und Klöster verfielen. Häuser, Straßen und Landwege waren menschenleer, Felder und Gärten blieben unbestellt, unerschwingliche Abgaben, Erpressungen und Raub aller Art, Krieg und Pest hatten die Einwohner zu Grunde gerichtet, weggescheucht, oder aufgerieben. Die Bevölkerung, welche in klassischer Zeit über eine halbe Million betrug, war auf 45000 geschmolzen.

In dieser Noth, wo auf Erden kein Helfer war, erschien dem Eilande, wie ein Engel vom Himmel, eine andere Johanna d’Arc. – Ein schönes Mädchen, Namens Modena Maurogenia, erhob die Fahne der Freiheit, und rief