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Zauber über diese Landschaft gebreitet. Während die hohen Alphörner ringsum das blendend weiße Gewand des ewigen Winters tragen, lacht alles mild und sonnig in dem geschirmten breiten Thale, und fast das ganze Jahr hindurch prangt es im vollsten Blüthenschmuck und saftigsten Grün. Lau sind hier die Lüfte und man ahnet die Nähe Hesperiens.

Uralt ist die Hauptstadt Tyrols und ihr Inneres trägt das Gepräge großer und lang-einheimischer Wohlhabenheit. Schon im eilften Jahrhundert galt der Ort für reich. Die Häuser (etwa 600, in denen 11000 Menschen wohnen) sind meistens von Quadern aufgeführt, 4 bis 6 Stockwerke hoch und von italienischer Bauart. Mehre der regelmäßigen Straßen sind mit schönen Denkmälern geziert, unter welchen sich der Triumphbogen der Maria Theresia und Josephs II., die herrliche marmorne Annensäule in der Mitte zweier Brunnen (am Eingange der Hauptstraße) und auf dem großen Rennplatze die erzene Reiterstatue Leopolds V., ein Werk der Tyroler Gras und Reinhardt aus dem 17. Jahrhundert, auszeichnen. Mehre alterthümliche Palläste erinnern an die Zeiten, wo die deutschen Kaiser, Habsburger Stamms, in der Mitte ihrer treuen Tyroler mit Vorliebe weilten und Inspruck und die Pfalzen in der Nähe die gewöhnlichen Sommerresidenzen der Monarchen waren. – Die kaiserliche Burg, 1494 von Maximilian I. erbaut, erhielt unter Maria Theresia ihre jetzige Gestalt. Die Burgkapelle ward von ihr auf der selben Stelle errichtet, wo ihr Gemahl, Franz I., vom Schlage gerührt, seinem Sohne Joseph II. in die Arme sank. – Das Haus mit dem goldnen Dach, (jetzt Hofkammer), erbaute sich Kaiser Friedrich mit der leeren Tasche 1425 zur Wohnung. An die Vergoldung der kupfernen Kuppel hat er 200,000 Dukaten verschwendet. – Die Universität, ein Denkmal Kaiser Leopold I., 1782 gestiftet, später aufgehoben und 1826 wieder hergestellt, welche auf Tyrols höhere Nationalbildung mächtig und wohlthätig einwirkt, hat ein schönes Lokal und die mit ihr verbundnen Sammlungen vaterländischer Natur- und Kunstprodukte des Ferdinandeums, das physikalische und das anatomische Kabinet sind sehenswerth. Im Gymnasialgebäude ist die Universitätsbibliothek aufgestellt, mit welcher eine reichhaltige Kupferstichsammlung verbunden ist. – Unter den Kirchen zeichnet sich die Hofkirche durch Größe aus, und die in ihr bewahrten Denkmäler machen sie weltberühmt. Das Mausoleum Kaiser Maximilians I., in ihrer Mitte aufgerichtet und einen weiten Raum einnehmend, gehört zu den prachtvollsten Monumenten der alt-niederdeutschen Kunst. Acht und zwanzig kolossale Bildsäulen von Bronze, die denkwürdigsten Männer und Frauen des Hauses Habsburg vorstellend, umstehen den herrlichen Marmorsarkophag, an dessen Wänden 24 Basreliefs von wunderbarer Schönheit und Erhaltung die Thaten des Kaisers veranschaulichen, dessen wohlgetroffnes, mehr als lebensgroßes Bild in ritterlichem Schmuck, aus Erz gegossen, auf dem Deckel ruht. Die Verfertiger dieses Kunstwerks waren die Meister Collin aus Mecheln, Abel und Löffler aus Köln. Von der Hand des erstgenannten sind auch die bewunderten Grabmäler Ferdinands II. und der schönen Philippine Welser, seiner Gemahlin, einer Patriziertochter aus Augsburg. – Neben diesen fürstlichen Prachtmausoleen erhebt sich das einfache Denkmal des heldenmüthigen