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Wir wenden uns von da links, in die äußerste Stadtferne, wo ein grandioser Gebäude-Cyklus, mit vielen Pavillons und Kuppeln, stolz sich ausbreitet, schon von außen die Prachtwohnung eines Herrschers verkündigend. Es ist die ehemalige fürstbischöfliche Residenz, welche mit den prächtigsten Königspallästen Europa’s den Vergleich aushält, und der wir später eine eigene Abbildung und Beschreibung widmen werden.

In derselben Richtung, aber mehr im Vorgrunde, prangt über die Spitzen der Pappeln herüber die unermeßliche Façade eines Gebäudes, das, nach dem Schlosse, die Hauptzierde Würzburgs ausmacht. In dem weltberühmten Juliushospitale, „für Arme, Preßhafte und Kranke,“ wie die goldene Inschrift über dem Hauptthor dieses Pallastes ankündigt, scheint die Wohlthätigkeit selbst ihre Wohnung aufgeschlagen zu haben. – Es ward gegründet vom Bischof Julius Echter, einem jener wahrhaften Freunde der Menschheit, deren Wirken für ganze Staaten durch Jahrhunderte Segen schafft. Dem nämlichen Manne dankt Würzburg die Wiederbegründung der Universität und ihre königliche Dotirung, und eine Menge anderer Einrichtungen für die öffentliche Wohlfahrt. Das Juliushospital fundirte er mit einem Vermögen von 5 Millionen – der zehnjährigen Ersparniß seines persönlichen Einkommens. – Die ganze Einrichtung dieser Anstalt athmet den Geist der Liebe und Humanität, und ist höchst musterhaft. Bei der so reichen Ausstattung ist auch die Theilnahme an ihren Wohlthaten fast unbeschränkt. Nicht blos Kranke, sondern auch eine Menge gebrechlicher und alter Leute findet hier auf Lebenszeit Versorgung. Zu dem eigentlichen Hospitalpallaste gehören noch eine Menge anderer, zum Theil ansehnlicher und mit schönen Garten umgebener Anlagen für verwandte Zwecke, z. B. das eigentliche Krankenhaus, die Heilanstalt für Geisteskranke, die für Epileptiker, das Krankenhaus für arme Fremde, ein Entbindungshaus, das anatomische Theater. Auch ein berühmter botanischer Garten ist ein Zweig von jenem gemeinschaftlichen Stamm der öffentlichen Wohlthätigkeit. –

Zur Beendigung der übersichtlichen Beschreibung unseres Bildes haben wir nur noch die schöne Tempel- und Thurmgruppe an seinem linken Rande zu erwähnen: – es ist die Pfarrkirche zu Haug, (auf der Höhe), eine gewaltige Steinmasse von gefälliger, neurömischer Form und eine der schönsten der an schönen Kirchen so reichen Stadt.

Als Handelsplatz ist Würzburg wichtig durch seine Schifffahrt auf dem Main und eine besonders lebhafte Spedition. Der Verkehr mit dem Produkt seines Weinbaus ist, obschon der Geschmack in den Konsumtionsgegenden sich in neuerer Zeit sehr von den Maingewächsen ab und den eben so billigen des Oberrheins zugewendet hat, noch immer groß. Das Gesammt-Erzeugniß der Weinberge, welche die Stadt umgeben, ist in guten Jahren 75,000 Eimer; selten werden aber mehr als 10,000 Eimer auswärts verfahren. Die Fabrikindustrie ist im Ganzen nicht groß, und nur die in Tabak, Leder, Tuch und Wollenzeugen hat einige Bedeutung.