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Handel getrieben, und nichtswürdiger Plunder füllte von hier aus die Reliquien-Schränke der ganzen christlichen Welt, und wurde den Nationen des Abendlandes zur Anbetung hingereicht! Dieser Betrug, der abscheulicher ist als Meineid, weil er ganze Reihen von Geschlechtern und Zeiten in’s Unermeßliche hin belügt, treibt hier, obwohl durch das Licht der Aufklärung gemildert, noch immer sein finsteres Wesen fort. Doch kümmerlich nur schleppt diese Schmarotzerpflanze am Baum der Religion gegenwärtig ihr Leben hin – und vielleicht, wann alle die falschen Zweige verdorrt und gefallen sind, gedeiht einst besser die Frucht.




CXXXIX. Bamberg.




Wieder sind wir im Vaterlande; und wieder vor einer seiner freundlichsten Städte, seiner anmuthigsten Gegenden. Göthe’s Zuruf:


Warum immer weiter schweifen?
Sieh, das Schöne liegt so nahe!

war stets eine Wahrheit in Bezug auf unser Deutschland.


Wenn man Bamberg von seiner prächtigsten Seite sehen will, so muß man es von der Höhe der Würzburger Straße betrachten. Von da aus bildet der Thalgrund, in dessen Mitte die Stadt, gleich wie im Schooße der Fruchtbarkeit und der Fülle, liegt, einen weiten Halbkreis, der von bewaldeten Bergen bekränzt wird. Die ausgedehnte, höchst reizende Fernsicht ist angefüllt mit freundlichen, aus Kränzen von Gärten hervorsehenden Dörfern, zerstreuten Höfen und blinkenden Schlössern, und hie und da schauen die Trümmer von Burgen und Klöstern von den Höhen herab. Eine Stunde unterhalb der Stadt vereinigen sich die beiden Flüsse, die von Süd nach Nord strömende Regnitz mit dem von Ost herkommenden Main, und die Stadt selbst zieht sich in verschiedenen Richtungen über sanft ansteigende Hügel hin, eine Eigenthümlichkeit, die an die Lage des alten Roms erinnert. Die schiffbare Regnitz strömt aber durch das Herz des Orts und stolz trägt sie dort das leichte Joch der Kettenbrücke (eine der ersten in Deutschland), wie der freie Mensch das Joch des Gesetzes.

Auch von jeder andern Seite zeigt sich Bamberg und seine Gegend überaus freundlich und heiter. Die Liebe für die freie Natur und für ihre Schönheiten und Genusse war von jeher seinen Bewohnern eigen, und diese umgaben mit Gärten und freien Plätzen ihre Häuser, wo es nur thunlich war. Dadurch erhielt die Stadt