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Der gewaltige, in unserm schönen Stahlstich verbildlichte Bankpallast liegt in der Mitte der City und bildet, mit den blos durch 2 enge Straßen von ihm getrennten Gebäuden der großen und der Fondsbörse, Lloyds Kaffeehaus etc. den eigentlichen Brennpunkt des Weltverkehrs. Die Bank deckt die ungeheure Aera von circa 13 Morgen, also einen größern Raum als irgend eine Königswohnung Europa’s. Sie steht völlig frei und bildet ein unregelmäßiges Viereck mit 4 Eingängen und 8 innern Höfen. Die Anzahl der Hallen, Säle (mehre mit kuppelförmiger Bedachung), Contore, Kassengewölbe, Ateliers für die Verfertigung der Noten, der Wohnungen der Beamten und der bomben- und feuersichern Gold- und Silberspeicher beträgt 700. Die Façaden sind durchgängig in grandiosem Styl erbaut und viele Theile des Hauses sind getreue Nachbildungen römischer und griechischer Tempel und Triumphbögen. –

An lebhaften Geschäftstagen übersteigt die Anzahl der kommenden und Gehenden 20,000, und es macht auf den an solche Szenen des großen Geschäftlebens nicht gewöhnten Fremden einen unbeschreiblichen Eindruck, wenn er an der Hand seines Cicerone diese zahllosen Räume durcheilt, immer und immer verfolgt von jenem eigenthümlichen Geräusche, das aus dem Geknarre zahlloser Gänsespulen, dem halblauten Geschäftsgemurmel, dem ewigen Zahlenausrufen, dem zischenden Geblätter beim Zählen der Banknoten, dem Klingen und Klirren der Gold- und Silbermünzen und dem Gerassel der Gold- und Silberbarren entsteht, und er noch erwägt, daß hier oft in einem Tage zu einem größern Belaufe Geschäfte abgethan werden, als in manchem Königreiche in einem ganzen Jahre.

Besonders beschäftigt die Bullion-Office, die gewölbten Speicher für die Bewahrung der Gold- und Silberbarren, das Interesse des gewöhnlichen Besuchers. Hier sieht er das kostbare Metall in schönster Ordnung bis zur Decke aufgeschichtet, und in andern Gewölben Massen von neuen Gold- und Silbermünzen, so ungeheuer groß, daß sie die Sinne verwirren und die Vorstellungen aus den Zaubermährchen der Kinderstubenzeit zurückrufen. Zu mancher Zeit betragen diese baaren Vorräthe über 300 Millionen Gulden! Der jemals größte Belauf der cirkulirenden Noten hingegen war 54 Millionen Pf. Sterl.; doch ist er gemeinlich weniger als halb so viel.

Die Fabrikation der Banknote ist sehr sinnreich. Sie geschieht im Bankhause mittels einer Maschine, zu der die Direktoren gemeinschaftlich den Verschluß haben. Sie ist ein Meisterstück der Mechanik der neuern Zeit, und ihr Produkt ist durchaus unnachahmlich. – Vor Einführung dieser neuen Noten, bis zum Jahre 1821, wurde das Verfälschen und Nachmachen des Bankpapiers in einer kaum glaublichen Ausdehnung betrieben und es bestanden zahlreiche Gesellschaften für diesen Zweck in und außer England, welche sich in die Funktionen des Fertigens und Ausgebens systematisch theilten. In einem Jahre (1819) kamen 67,000 Stück falsche Noten bei der Bank zur Auswechselung! Die Grausamkeit der Strafe – auf jede überführte Verfälschung steht der Strang – hinderte das Verbrechen nicht. In der kurzen Zeit von 8 Jahren wurden an 700 Verfälscher zum Tode verurtheilt – 240 wirklich hingerichtet! Seit der Einführung der Maschinen-Noten liegt aber jenes gefährliche Gewerbe gänzlich und dieß ist der beste Beweis von ihrer Unnachahmlichkeit. –