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CXXX. Die Gräber der Könige bei Jerusalem.




Wenn wir von freier Höhe zum Himmelsgewölbe aufschauen und eine Zeitlang zusehen dem Ziehen der Wolken auf den Flügeln des Sturmes über die Gebirge, wie sehnen wir uns dann, mitzuziehen über die Länder und Meere! – Wenn wir auf Gräbern wandeln, um wie viel näher dünken wir uns den Sternen, wie verlangt es uns weg von dieser Erde, und wie klein und vergänglich erscheint uns dann plötzlich Alles, was uns bleibend dünkte im Wechsel der Zeit! – Das längste Menschenleben schrumpft zum Augenblick zusammen, und groß erscheint uns nichts mehr, als die Ewigkeit des künftigen Daseyns. Diese Gefühle weckt schon ein Verweilen auf dem begrasten Friedhof eines Dorfes; mächtiger treten sie hervor, wenn wir an Orten wandeln, wo die Großen und Geehrten der Erde schlafen.

Gräber der Könige! Ihr Gräber der Erhabenen und Gewaltigen einer gewaltigen Zeit, sprecht, wie heißen die, welche ihr verborgen? Ihr schweigt; stumm seyd ihr geöffneten Mundes, erbrochen sind euere Kammern, zerschlagen die Sarkophage, und der verschüttete Staub der Gesalbten hängt sich als Koth an die Sandalen des zerlumpten Bettlers. Die metallenen Schrifttafeln, womit die Schmeichelei der Zeitgenossen die Lebenslüge der Todten zu verewigen gedachte, fraß der Rost, oder nahm der Raub, und ihre Namen hat die rauhe Hand der Zeit von den Steinen gewischt; die Sage selbst hat sie vergessen! Nichts blieb euch, ihr stolzen Grüfte! als der allgemeine Titel: Konigsgräber; und nichts ist so gewiß in Bezug auf euch, – denn der Bibel Zeugniß ist unverwerflich! – als daß von des Volkes Fluch und Thränen viel auf euch lastet. –

Jene merkwürdigen Grabhöhlen befinden sich in halbstündiger Entfernung von Jerusalem auf der Nordwestseite der Stadt. Vom Thore nach Sichem führt ein angenehmer Pfad unter schattenden Oelbäumen hin, und durch Reben- und Maisfelder in eine felsige, einsame Gegend. Hier sieht man überall in den Wänden des Gesteins viereckige Eingänge, ausgefüttert mit massivem Mauerwerk, welches ein einfaches Gesimse deckt. Das Innere jeder Höhle enthält 2 bis 3, selten 4 Todtenkammern, von denen jede zur Aufnahme von 2 oder 3 Särgen geschickt ist. Diese Todten-Kammern wurden früher durch steinerne Thüren verschlossen. Alle sind seit undenklicher Zeit erbrochen, und Fragmente von Thüren und Särgen bedecken den Boden. – Weiter berganwärts wird die Felsenbildung großartiger, und