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CXXII. Das Forum in Rom.




Mehrmals wanderten wir schon zwischen Ruinen von Rom’s gesunkener Größe. Wir haben in Tivoli die Landsitze der ehemaligen Weltbeherrscher betrachtet, sahen an der appischen Straße ihre prachtvollen Mausoleen, und führten unsere Leser in Agrippa’s hohen Tempel: betreten wir jetzt den welthistorischen Boden, auf welchem die Fabier, die Sulla, die Scipionen, die Cäsaren einst als Triumphatoren dahin zogen!

Wir stehen auf dem Forum. Zwei lange Reihen herrlicher und ungeheuerer Trümmer bezeichnen diesen Ort, welcher dem alten Rom zu dem dreifachen Zwecke der Volksversammlungen, des öffentlichen Gerichts und der feierlichsten Staatshandlungen diente. Schon in den ersten Jahrhunderten nach Entstehung der Stadt hielten die Bürger hier ihre Festspiele und Zusammenkünfte; und schon König Tarquinius Priscus faßte das Forum mit Säulengängen ein, zum Schutze gegen die Witterung. Als Rom’s Macht sich ausbreitete, zuerst über Italien, dann über den halben Erdkreis, wurde allmählich um diesen Platz Das versammelt, was von des Staates Größe und Hoheit den imponirendsten Begriff geben, Das, was unbeschränkte Macht, grenzenloser Reichthum und eine an’s Fabelhafte gränzende Prachtlust nur Großes ersinnen konnten. Es reiheten sich um ihn her die Palläste der Consuln und Cäsaren und die Tempel der Götter; Triumphbögen schmückten seine Zugänge, im weiten Kreise umzogen ihn Thermen, Cirkus, Rennbahnen, Museen und öffentliche Bibliotheken: und was Griechenland, Sicilien, Ionien und Aegypten Bewundernswürdigstes an Werken der Kunst besaßen, wurde auf der weltherrschenden Roma Wink herbeigeschafft, ihr Forum zu schmücken. Weniger durch die Hand der Zeit, als durch die der Menschen und der Elemente, durch die verwüstenden Barbaren und die unzähligen Feuersbrünste, ist Dieß längst dahin, oder liegt in Schutt. Heerden blöken, wo Cicero und die Gracchen das Feuer ihrer Beredtsamkeit über ein zahlloses Volk ausgossen; und wo die Kaiser wohnten, grünt der Weinstock: aber die unzähligen Ruinen zeugen noch künftigen Jahrhunderten die hier gewesene Herrlichkeit.

Das Forum war südwestlich vom palatinischen, nördlich vom capitolinischen Berge begrenzt, und bildete ein längliches Viereck von etwa ½ Million Quadratfuß Flächenraum. Es führten dahin die prächtigsten Straßen, und die Triumphbögen des Constantin, des Septimius Severus und des Titus. Wendete man sich nach dem, mit den schönsten Werken der Baukunst prangenden Capitol, wohinan eine Marmortreppe leitete, so sah man links die Kaiserpalläste, welche den ganzen Mons Palatinus bedeckten, und rechts eine Reihe prachtvoller Tempel, von denen