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das Schicksal sie gewollt. Ihre Ursache war nicht im Schooße der Gottheit verborgen. Der Quell von Wohl und Wehe der Nationen, so lehrt auch Griechenland’s Geschichte, ist in den Völkern selbst, so gewiß, wie der vom Wohl und Wehe des einzelnen Menschen in seinem Ich zu suchen.




LXVIII. New-York.




Humanität, in der erhabensten Bedeutung des Wortes, ist die höchste Bestimmung der Menschheit. Sie ist das heilige Feuer, welches anzufachen und zu verbreiten jeder edlere Mensch sich zur Aufgabe seines Lebens setzen soll. Es gehört nicht einem Volke, einem Lande allein; es wird gefunden, so weit die Menschen wohnen; sey es als Flamme, ober als Funke. Niemals war es erloschen. Die größten, ehrwürdigsten Geister der Vergangenheit waren stets seine Vestalen.

Humanität zu fördern ist auch unser Vorsatz. Nur aus ihrem Geiste falle unser Urtheil über Menschen und Dinge, über Erscheinungen und Verhältnisse der Vergangenheit und Gegenwart. – Darum dem Guten, Rechten und Schönen, überall und allenthalben, wo wir es finden, sey es einheimisch oder fremd, alt oder neu, laute Anerkennung; und freimüthigen Tadel dem Gegentheil, wo es uns auch immer begegne. Mag dem politischen und religiösen Sektengeiste dieser Zeit unser Streben mißfallen. Sein Haß flößt uns keine Furcht ein, und wir buhlen nicht um seine Liebe. –

Unser Bild gibt uns den stets willkommnen Anlaß, wieder einmal von einem Lande zu reden, wo durch eine von ihren Fesseln und Vorurtheilen befreiete Nation für der Menschheit schönste Zwecke das Größte geschieht, zum Theil durch unmittelbare That, mehr noch durch Beispiel, unberechenbar viel aber durch den Einfluß, der im Streben aller Völker nach glücklichern Zuständen seine Nahrung findet. Wir denken uns so gern in das Land

„wo Menschen frei sind und die Freiheit segnet.

Auch das hat man uns verargt und mißdeutet. –