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LXVII. Der Olymp.




Nördlich von Larissa, im türkischen Thessalien, streckt sich ein romantischer, aber öder Landstrich dem Meere zu. Schweigen und Einsamkeit beherrschen ihn so groß, als der Lärm der Menschen, die sich einst auf diesem Boden drängten. Man sieht hie und da Ueberreste Griechischer Straßen, wo kein Fuß mehr wandelt. Einige Maisfelder in den Thälern und kümmerliche Olivenpflanzungen sind die einzigen Zeichen gegenwärtiger Cultur. Zerstörte Dörfer und verwilderte Baumpflanzungen deuten auf eine noch vor Kurzem reichere Bevölkerung hin; sie sind die noch frischen Verwüstungen des Kriegs. Hohe Trümmer von Wasserleitungen, Grabmälern und Tempeln schauen aus dichtem Gestrüpp, das auf dem Staube wuchert, in den die Zeit den harten Marmor zerdrückte. Scheue, tiefgebräunte, hagere Gestalten, denen man ansieht, daß das Joch des Treibers noch auf sie lastet, hüten die einsamen Hütten.

Dort erhebt sich der Göttersitz der Griechischen Vorwelt mit weißglänzender Firne wie ein großer Schatten. Den Ossa ausgenommen, erscheinen die Berge um ihn her wie Zwerge; und da er aus einer Ebene, die fast im Niveau des Meeres liegt, emporsteigt, so ist seine scheinbare Höhe noch weit größer, als seine absolute.[1] Die ältesten Griechen hielten ihn für den höchsten Berg und den Mittelpunkt der ganzen Erde, die man sich damals wie eine Scheibe vorstellte und von des Berges Gipfel ganz überschauen zu können vorgab. Dieser Begriff, das Majestätische auch in seiner Form, führte zur Idee, er sey die irdische Wohnung der Götter. Ueber dem Haupte desselben glaubte man eine Oeffnung im metallnen Gewölbe des Himmels, die Pforte für die unsterblichen Mächte. Zwei andere Thore dachte man sich am Himmelsgewölbe, an dessem äußersten Rande, in Ost und in West. Durch diese stiegen der Phöbus (der Sonnengott) und die Nacht mit ihrem Gefolge aus dem Ozean zum Firmamente empor und wieder hinunter. Auf dem Olymp rathschlagten die großen Götter. Zwölf an der Zahl bildeten sie den Rath der Alten, Zeus ihr Haupt. Sie entschieden die Geschicke der Welt und die Angelegenheiten des Himmels. Die übrigen Götter gehörten zur allgemeinen Versammlung, welche Zeus in wichtigen Dingen berief. Krystallene Palläste bedeckten des Berges Gipfel, der Götter Wohnungen, denen kein Sterblicher zu nahen sich erdreistete. So die Mythe der Griechen zur Zeit des Homer. – Als in der Folge die Begriffe von der Größe des Weltalls und der Gottheit sich erweiterten, da entrückten die


  1. Ohngefähr 6500 Fuß.