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LV. Santa Maura.




Bereits entnahmen wir den Ionischen Inseln eins der schönsten Bilder. Zur imposanten Ansicht von Corfu (No. XXXVI. des ersten Bandes) gesellen wir die von Santa Maura mit dem reizenden Blick auf die griechisch-albanische Küste.

Santa Maura, das Leukadia der classischen Vorzeit, eine der sieben größern Inseln der Gruppe, liegt etwa acht Meilen südlich von Corfu. In uralter Zeit hing die nördlichste, hakenförmig der Küste des griechischen Festlandes zugekrümmte Spitze mit letzterem zusammen. Homer erwähnt ihrer noch als eine Halbinsel. – Vielleicht durchstachen ihre späteren Bewohner den schmalen Damm, um sich vor den Einfällen der kriegerischen Bergvölker des Continents zu schützen; vielleicht auch durchbrach das Meer, in Folge von Erdbeben, oder Orkanen, die schwache Schranke gewaltsam. Der Kanal ist kaum 1600 Fuß breit, und an den schmalsten Stellen jetzt so seicht, daß selbst zur Fluthzeit nur leichte Barken ihn passiren können.

Die Insel, einem am südlichen Ende gabelförmig auslaufenden, länglichen Vierecke ähnlich, ist 5¼ Quadratmeile groß, vortrefflich angebaut und sehr dicht bevölkert. Sie hat 21,000 Einwohner. Die Hauptstadt, Santa Maura, (von den Griechen Amaxichi, oder Amakuki genannt) liegt auf der Nordspitze, zunächst der Küste. Es ist ein Städtchen von etwa 5000 Einwohnern; sehr lebhaft, aber unansehnlich. Wegen der häufigen Erderschütterungen sind seine 800 Häuser nur einstöckig. Es ist der Sitz eines griechischen Bischofs, hat 12 Kirchen und ein reiches Kloster. Seine größte Merkwürdigkeit ist der auf 370 Steinbogen ruhende Aquadukt, durch welchen sonst vortreffliches Trinkwasser, vom festen Lande her, nach der Stadt geleitet wurde. Seit langer Zeit ist er verfallen. Jetzt dient er als ein die Insel mit der gegenüber liegenden Küste verbindender gangbarer Steg. –

Ueber der Stadt, auf einem Berge, von Oliven beschattet und von Weinstöcken umrankt, befinden sich die Ruinen der Akropolis des alten Leukas. Von dieser Höhe ist die Aussicht überaus schön. Zu den Füßen des Schauenden breiten sich die mit Weingärten und Platanenhainen bedeckten Hügel und Thäler des Eilandes aus, deren Laubgewölben Rauchwolken entsteigen, das erfreuliche Zeichen menschlicher Wohnungen und die dichte Bevölkerung