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den älteren, im Geschmack der Vorzeit erbauten Schloßtrümmern; namentlich an einem Theil des andern Flügels, den herrliche Granitsäulen zieren, die zum Theil noch aufrecht stehen, theils umgestürzt in malerischer Gruppirung am Boden liegen. – Einen unübertrefflich erhabenen Anblick aber gewährt der im 30jährigen Kriege gesprengte Thurm an einer Ecke des Palastes, dessen ungeheure, aus großen Felsstücken zusammen gekettete Steinmasse die Wuth der Flammen verspottete. Der Vandalismus der mordbrennerischen Franzosen, die damals in der unglücklichen Pfalz Alles der Erde gleich zu machen trachteten, füllte ihn mit Schießpulver, um ihn in die Luft zu sprengen; aber selbst so entsetzlicher Gewalt wichen nur einzelne Theile der fest vereinigten Masse, und drohend schwebt sie, seit fast zwei Jahrhunderten, gespalten von des Pulvers Kraft und unterwühlt, über dem Abhang, den zerstörenden Elementen und der Zeit vielleicht Jahrtausende noch trotzend. Baumstarker Epheu umklammert diese herrlichen Trümmer, und Felsen und Mauern zugleich umziehend, schmückt er sie beide mit einem immergrünen Kranze, des Thurmes Anblick unendlich verschönernd. Im Süden und Westen des Schlosses streckt sich der alte kurfürstliche Park weit an der Bergwand hin, mit Felsen und Terrassen und altem Gemäuer reich und harmonisch geschmückt, und von vielen Punkten die reizendsten Aussichten in die bezaubernde Gegend gebend. – Eine der berühmtesten ist von einem Plateau unfern von dem durch ein großes, hohes Steinthor gebildeten Eingang. Sie ist mit Linden besetzt und an dem einen Ende derselben steht eine uralte Warte. Epheu überdeckt sie bis zur Zinne, von der weißstämmige Birken und Gesträuche herabwinken. Zwei tiefe Nischen in ihrer Mauer sind von rankendem Immergrün in dichte Lauben verwandelt; in ihrem Dunkel stehen 2 verwitterte colossale Bildsäulen, Pfalzgrafen aus der Vorzeit. – Von höchst malerischer Wirkung ist die Schloßruine, betrachtet vom jenseitigen Ufer. Jede Jahres- und jede Tageszeit, jede Nüance des Lichts und der Beschattung wirft den prächtigen Trümmern ein neues Gewand um, und wenn im Herbst die vom Winde gejagten Wolken sie mit leicht hineilenden Schlagschatten bestreuen, oder der Mond sie beleuchtet, haben sie ein wahrhaft magisches Ansehen, und man möchte sie für ein Zauberschloß halten, den Aufenthalt von Gnomen und Geistern.




LII. New-Castle an der Tyne.




New-Castle ist eine der ältesten, wohlhabendsten, blühendsten Städte im Norden von England. Sie liegt an und auf einem Hügel am linken Ufer des ansehnlichen Tynestroms, der sich schnellen Laufs aus den Bergen