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LXXXVII. Palmyra (Thadmor).




Zwischen dem Euphrat und den Gebirgen Palästina’s dehnt sich eine Steppe aus, mehre hundert Geviertmeilen groß. Sie reicht im Norden bis in die Gegend von Aleppo, südwärts an die Marken Arabiens. Verbrennender Sand deckt sie seit Jahrtausenden und Kultur und Ackerbau sind bis auf die letzten Spuren aus ihr geflohen. Reißende Thiere, einige Gazellenarten und ein Paar nicht zahlreiche Stämme wandernder, raubsüchtiger Araber sind die einzigen Wesen der organischen Schöpfung, welche sie bewohnen.

Inmitten dieser, der syrischen Wüste, 5 Tagereisen von Haleb und fast eben so weit von Damask, erheben sich in stiller, trauriger Majestät die Trümmer von Palmyra. Das Alterthum hat nichts hinterlassen, der Bewunderung so würdig, als diese Ruinen.

Man denke sich auf einem Raume von 5 Stunden im Umfange den Anblick von mehr als 3000 großen aufrechtstehenden Säulen, alle von blendend weißem Marmor, die sich theils in Gruppen, theils in symmetrischen Reihen, Alleen ähnlich, in das röthliche Grau der Wüste verlieren. An vielen ist der obere Theil abgebrochen; die meisten aber sind unversehrt und zum Theil tragen sie noch Gebälke und Gesimse und bilden hohe Portiken und prächtige Hallen. Zwischen ihnen ziehen ungestalte Hügel von Schutt hin, bedeckt von tiefem Sande, aus welchem Mauerwerk und unzählige Ueberreste von Gesimsen, Balken, Kapitälern, Postamenten, von Bildwerken und Ornamenten aller Art, von dem nämlichen kostbaren Gestein und von auserlesener Arbeit, hervorragen. Grabmäler in den verschiedensten Formen, halb eingesunken, oder verfallen, umgeben in einem weiten Halbkreise die höhern Trümmer der eigentlichen Stadt.

Vergeblich suchen wir in der Geschichte einen fortlaufenden Faden durch die labyrinthischen Geschicke dieses räthselvollen Orts, der einst der Sitz war unermeßlichen Reichthums, der Kunst und des Wissens, der Mittelpunkt für den Handel eines halben Erdtheils. – Thadmor nennt ihn die Bibel, die Palmenstadt in der Wüste, welche Salomo erbaute. Noch heutigen Tages nennen ihn die Araber Thamar oder Thadmor, was Römer und Griechen in Palmyra übersetzten. Salomo lebte 1000 Jahre vor Christus; Palmyra ward also vor 2800 Jahren gegründet. Ein halbes Jahrtausend später eroberte und zerstörte es Nebukadnezar. Spuren von Bauwerken aus dieser frühesten Periode, am altegyptischen[WS 1] Style kenntlich, sieht man noch jetzt.

Nach der Zerstörung durch die Assyrer ist Palmyra wahrscheinlich durch Tyrische Kolonisten, welche den Vortheil seiner Lage als Zwischenmarkt für den Verkehr mit Indien und den Ländern des Euphrat erkannten, wieder aufgebaut und bevölkert worden. Durch einen Zeitraum von 450 Jahren läßt uns die Weltgeschichte über seine

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: altegpytischen