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LXXX. Das Pantheon (La Rotonda) in Rom.




Unter den unzählichen Monumenten, welche unsern Tagen der alten Roma versunkene Herrlichkeit verkünden, ist das Pantheon (auf der PIAZZA DELLA ROTONDA, in der Mitte des heutigen Roms) das besterhaltene. Die Sprache hat kein seiner würdiges Beiwort. Die Schönheit seiner Form, die Regelmäßigkeit und Harmonie seiner Verhältnisse, die Kühnheit und Festigkeit seiner Bauart, machen es zum Triumph der Baukunst, und gewannen ihm die Bewunderung der Welt durch alle Zeiten.

Die Inschrift auf der Tafel des Portikus nennt den Agrippa (Schwiegersohn des August) als seinen Erbauer und bestimmt das Jahr 27 vor Christo als die Zeit seiner Vollendung. – Jener große Feldherr führte es auf, und widmete es allen Göttern, zum Zeichen des Dankes für den Sieg bei Actium, der über das Schicksal des Weltreichs entschied. Jupiter’s goldne Statue, colossal und mit Edelgesteinen geschmückt, stand in einer Hauptnische, gegenüber dem Eingang, und umher reiheten sich die Bildsäulen der übrigen Götter von Silber und von vergoldetem Erz. Daher der Name Pantheon: Versammlung aller Götter!

Fünf bronzene Stufen führten sonst zum 111 Fuß breiten Portikus. Ihn trugen und tragen noch sechzehn 40 Fuß hohe und 15 Fuß in der Runde spannende corinthische Säulen von GIALLO ANTICO (rothgelbem, afrikanischem Marmor), deren Knäufe von syrakusanischem Erz waren. Das Gebälk war mit bronzenen Tafeln belegt, diese mit Sculpturen bedeckt. Das Frontispiz, jetzt das kahle Mauerwerk zeigend, schmückte ebenfalls ein BASSO RELEVO von Erz. Dieß war ein Meisterstück der Kunst. Jupiter stellt es vor in einem Kriegswagen, wie er, mit Blitzen bewaffnet, die Titanen vom Himmel stürzt, – eine schmeichelhafte Anspielung auf den Triumph August’s. In der That konnte die gewaltige Zurüstung des Antonius den himmelstürmender Giganten verglichen werden, und des letztern Persönlichkeit, sein Ehrgeiz, seine Tapferkeit und seine Prahlerei gaben ihm Aehnlichkeit mit jenen gewaltigen Kindern der Erde. – Auf dem Gipfel des Frontispiz und an dessen beiden Ecken standen Statuen von Bronze, Meisterwerke von der Hand des Atheniensischen Diogenes. Ein ehernes, 30 Fuß hohes und 20 Fuß breites, vergoldetes, ciselirtes Flügelthor, dessen Angeln sich auf silbernen Säulen drehten, verschloß den Eingang. Architrav, Pfosten und Schwellen desselben sind von der edelsten Architektur. Die innern Wände und Decken des Portikus bekleideten Marmortafeln mit Bildwerken in Relief; leider meistens längst abgefallen, oder zerstört. – Nichts Majestätischeres aber kann gedacht werden, als des Tempels Inneres.