Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band | |
|
gewesen, so lange einen fast unumschränkten Einfluß in der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten eines Landes zu behaupten, welches in seinen Institutionen alle Grundelemente der bürgerlichen Gleichheit seit Jahrhunderten besessen und bewahrt hat. –
Dreiviertel deutsche Meilen von Chester, der Hauptstadt der gleichnamigen Grafschaft, liegt Eaton Hall, Stammsitz der Grafenfamilie Grosvenor. – Inmitten eines herrlichen Parks von fast 6 Meilen im Umfang, mit breiten von einem Arme der Dee genährten Wasserflächen, natürlichem, von jeder Art Wild belebtem Forste, voll malerischer Thalschluchten, Felsen, Ruinen, Gründen und Auen erhebt sich auf einem mit Blumenterrassen und Rasenplätzen eingefaßtem Hügel das die weitesten Aussichten beherrschende Schloß, in alterthümlicher, pittoresker Bauart und von majestätischer Größe. Der jetzige Besitzer errichtete es vor etwa zwanzig Jahren auf der Stelle der alten gräflichen Wohnung. Ein treffliches Muster gothischer Bauart, der York-Münster, diente als Vorbild und Eaton-Hall wird allgemein als das Gelungenste betrachtet, was die neueste Architektur in diesem Style hervorgebracht hat. Ihm entspricht das Innere des Gebäudes vollkommen. Alle Gemächer sind mit vielfarbiger Marmormosaik getäfelt, Gobelins bedecken die Wände, die Platfonds kostbares Schnitzwerk; im Geschmacke der Zeit, welche das Aeußere des Schlosses andeutet, sind alle Möbel, bis auf die geringfügigsten Gegenstände der Bequemlichkeit herab, geformt. Die Fenster sind von buntfarbigem Glase, und mit den schönsten Malereien, das Beste was diese neu aufgefundene Kunst hervorgebracht hat, geschmückt. Auf die Größe des Gebäudes kann man aus der Angabe schließen, daß es, außer 40 Zimmern, drei große Säle, jeden von 50 Fuß Länge und 30 Fuß Breite, mehre Bäder, Vivarium, Gemälde- und Antikengallerie und eine große Bibliothek, die, jetzt zum Theil in des Eigners Pallast in der Hauptstadt aufgestellt, über 60,000 Pfund Sterling an Werth geschätzt wird, enthält. Die Gemäldesammlung der Grafen ist als eine der schönsten bekannt. Sie enthält herrliche Werke von Raphael und Correggio. Gegenwärtig ist auch sie in London aufgestellt und dort dem Besuche jedes Kunstfreundes offen.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1833, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_1._Band_1._Auflage_1833.djvu/92&oldid=- (Version vom 8.6.2024)