Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/88

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sohn, zum ersten Herzog von Florenz. Dessen zweiter Nachfolger, Lorenzo der Prächtige – unter dessen Schirm Kunst und Wissen in Florenz zur höchsten Blüthe gelangten, war der erste Großherzog von Toskana.

Aus den eben geschilderten, in Bezug auf das öffentliche Leben so bewegungs- und wechselreichen Zeiten schreibt sich auch die heutige Gestalt der Stadt her, deren Gebäude großentheils zu Schutz und Trutz angelegt sind, wie es die damaligen Fehden und Kämpfe der Partheien nothwendig machten. Aber wenn der Architektur auch jene heitere Eleganz griechischer Formen abgeht, wie sie Palladio in Venedig und andern italischen Städten hervorrief, so besitzt sie dafür alles Edle, Wahre und Gediegene des männlichen Etruskischen Styls. Von dieser Art sind der Pallast Pitti (jetzt vom Großherzoge bewohnt, wo die herrliche Antiken- und Gemälde-Gallerie) die Palläste Strozzi und Riccardi (ehemals Medici) der alte Rathspallast am großen Stadtplatze und Andere mehr. Unter den Kirchen sind manche unvollendet geblieben. Die merkwürdigsten sind der Dom, ein riesenhaftes Gebäude mit seiner herrlichen Kuppel (auf unsern Bilde die hervorragendste) von innen und außen ganz mit köstlichem weißen und schwarzen Marmor bekleidet. Der Thurm ihr zur Seite ist der Glockenthurm, ein nach Giotto’s Zeichnung aufgeführtes treffliches Werk. Die Kirche San Lorenzo, eine der prächtigsten Italiens, enthält die Gruft und die Monumente der ausgezeichnetsten Medici und die weltberühmten Statuen des Tages, der Nacht, der Dämmerung und der Morgenröthe von Michel Angelo. In dem dazu gehörigen Kloster befindet sich die Laurentinische Bibliothek, an alten Handschriften der classischen Literatur den reichsten Schatz auf der Erde enthaltend. Die vaterländischen Mausoleen des Galilei, Alfieri, Michel Angelo und Machiavell, dieser Riesen unter den Geistern, der Stolz der Florentiner für alle Zeiten, schmücken die Kirche des heiligen Kreuzes. Alle diese Tempel – nicht weniger wie die von S. Marco, Annunciata, S. Maria Novella, S. Spiritu, S. Trinita und die der Carmeliter sind wahre Museen der Kunst, in denen sich Pinsel und Meisel der ersten Meister Italiens verewigt haben. Von den zahlreichen Schätzen, welche die bereits erwähnte Gallerie im großherzogl. Pallaste enthält, führen wir hier nur die Madonna della Sedia und das Bild der Bäckerin (Fornarina) von Raphael und die Titiansche Venus unter den Gemälden, unter den antiken Statuen die Mediceische Venus, die Gruppe der Niobe, die beiden Ringer, der Schleifer, Amor und Psyche als ihre Hauptzierden an. Weltberühmt sind unter den hier blühenden wissenschaftlichen und Kunstanstalten die Akademie der schönen Künste, in deren Direktoren Benvenuti und den kürzlich verstorbenen Raphael Morghen wir die ersten Maler und Kupferstecher der Gegenwart würdigen. Das großherzogliche Museum für Naturgeschichte, in 40 Sälen, eines der reichsten der Erde, verdient Bewunderung. Die Theater, deren es mehre gibt, sind sämmtlich mit Pracht und Geschmack ausgestattet und bei dem allgemein verbreiteten Sinn für höhere Genüsse immer stark besucht. Wirklich haben Bildung, Kunstsinn und Geschmack, so früh genährt unter den Florentinern, hier so tiefe tiefe Wurzeln geschlagen, daß sie, obschon die Herrlichkeit des