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XVIII. Der Sybillentempel in Tivoli.




Tivoli, auf einem Hügel am Teverone, Hauptort eines Distrikts in der Campagna, achtzehn Miglien von Rom, ist merkwürdig durch seine herrliche Natur, seine gesunde Luft; – weltberühmt aber durch seine klassischen Erinnerungen. – Hier sind die Trümmer des alten Tibur mit seinen Tempeln und Pallästen, hier die Ruinen jener prachtvollen Villen, in welchen die Fürsten und Großen der weltbeherrschenden Roma die Sorgen der Staatsgeschäfte vergaßen und Alles vereinigten, was den Genuß des Lebens erheitern, verschönern und erhöhen konnte. In dieser entzückenden Gegend hatte Mäcen seine gepriesene Villa, in der er Roms größte Helden und Dichter der Augustäischen Zeit um sich versammelte; – hier hatte Horaz sein Landhaus und dichtete der erhabenen Natur, der Liebe und der Freundschaft ewige Lieder. Hier baute Kaiser Hadrian sein weltberühmtes Landhaus, ein eine Area von einer halben Stunde Umfang deckender Pallast, der Cirkus, Amphitheater, Naumachien, mehre Tempel und unzählige Säle, Grotten, Bäder in sich schloß, und in dem was die Kunst Herrlichstes, Schönstes in Griechenland, Asien, Afrika und Italien hervorgebracht, wie in einem Brennpunkte von dem kunstliebenden Kaiser zusammengestellt wurde. – Hier endlich ist der Ort, wo seit Jahrhunderten und jetzt noch die schönsten Bildwerke des Alterthums gefunden werden, welche die Museen Europa’s füllen – jene unter der Aegide der Civilisation nun für immer vor Verlust bewahrten Schätze, der neuern Kunst Lehrer und Vorbilder zugleich. –

Unter all den Ueberbleibseln des alten Tiburs, von denen kaum eine ist, an die sich nicht kultur-, literär-, kunst- oder weltgeschichtliche Erinnerungen knüpfen, ist eins, welches durch seine herrliche Lage, – hoch oben auf der Spitze eines steilen Felsens, gegenüber den Caskaden des Anio (jetzt Teverone) und durch seine reizende, alle Verhältnisse im schönsten Ebenmaaße zeigende Formen Aller Augen anzieht und fesselt. Es ist der Gegenstand unseres Bildes, – ein kleiner runder Tempel von weißem Marmor, der Sybilla, nach Andern der Vesta geheiligt. Er ist unstreitig eines der schönsten Bauwerke der Augustäischen Zeit, an Reiz und Anmuth der Verhältnisse von keinem auf der Erde übertroffen. Noch im vorigen Jahrhunderte stand er unversehrt; es schien als ob die alles