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gar harmlos über die beweglichen Lippen, und wenn der Grundsatz LAISSEZ PARLER (der, beiläufig gesagt, überall besser ist, als der entgegengesetzte) ein gefahrloser seyn kann, so ist er’s gewiß hier. Die neueste Zeitgeschichte belegt es.

In Mainz, der Wiege jener Kunst, die der armen Menschheit eine bessere Zukunft verbürgt, war von jeher viel Sinn für Literatur und Kunst, der sich sogar tief in’s Land, besonders am Rhein hin verbreitet hat. Dieser Geist ist noch nicht erloschen, obschon die Mittel, ihn zu pflegen, unter manchen ungünstigen Verhältnissen der Gegenwart wohl geringer geworden sind; denn, daß die Verarmung fortschreitet, leugnet niemand. Gemäldesammlungen, Bibliotheken, Naturalienkabinette, Sammlungen von Alterthümern, gibt es hier öffentliche, mehre noch und darunter bedeutende unter den Bürgern. Das neue Schauspielhaus, auf Aktien errichtet, ist eins der schönsten in Deutschland. Auch Vereine bestehen zur gemeinschaftlichen Pflege von Kunst und Wissenschaft. Die Industrie blüht, denn der Fleiß hat hier seine Wohnung. Die Fabriken von Wagen, Regenschirmen, Meubeln, lakirten Blechen, Seife etc. sind bedeutend. Der Weinhandel ist ein großer Geschäftszweig; er beschäftigt ein Kapital von mehren Millionen. Auch die Schifffahrt blüht, und der Freihafen, mit den für dort günstigen Zollverhältnissen der Gegenwart, sichern dem Platz einen sehr lebhaften Speditionshandel, der viele Gewerbe unterstützt. – In Beziehung auf den Verkehr hat Mainz gewiß gegen sonst gewonnen, und wenn man dort so häufig Menschen aufstößt, die den Verlust besserer Tage betrauern: – in dem Stande des Kaufmanns gibt’s gewiß deren, die mit Recht klagen, nur wenige[1].




XLV. Tempe in Griechenland.




In der an Naturschönheiten reichen Landschaft Griechenlands, in Thessalien, 6 Stunden unterhalb Larissa, drängt sich der Peneus mit silberklarem Strome durch eine – den hohen Olympos und den Ossa – scheidende Felsenschlucht. Diese, ein etwa 2 Stunden langes und in der Breite von 100 bis zu 2000 Fuß wechselndes Defilee bildend, durch das sich der einzige fahrbare Weg zwischen Thessalien und Macedonien windet,

  1. Die größte Zierde von Mainz, seinen herrlichen Dom, betrachten wir später in einem besonderen Bilde.