Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band | |
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hier ohne Polizeistock das Wunder der öffentlichen Ordnung. – Gemein- und Bürgersinn, jener allen edeln Menschen in der alten so gut wie in der neuen Welt innewohnende (aber dort in Fesseln verkrüppelnde, hier frei wirkende) Drang, Gemeinnütziges zu schaffen in dem größern, gesellschaftlichen Kreise, dem er angehört, haben Philadelphia mit unzähligen Anstalten zur Beförderung der öffentlichen Glückseligkeit, zur Minderung des Elends, zur Hülfe für Arme und Leidende, zur Verschönerung und zur Bequemlichkeit des Lebens, zur Rettung aus, und zur Verhütung von Lastern, Verbrechen und Unglück geschmückt. Die prachtvollsten Gebäude, welche die Hauptstraßen und öffentlichen Plätze zieren, deuten gewöhnlich auf jene Zwecke hin und dienen dem gemeinen Wohl. Wir werden später eine Veranlassung haben, alle diese bewundernswürdigen Anstalten übersichtlich zu betrachten, und begnügen uns jetzt mit der Beschreibung der Gegenstände unsers meisterhaften Bildes.
Jene herrliche Brücke (UPPER FERRY-BRIDGE), das kühnste Werk in diesem Zweige der Baukunst, welches Amerika aufzuweisen hat, befindet sich oberhalb der Stadt, am nordöstlichen Ende derselben. Von hohen Ufern überspannt sie den hier viertehalb hundert Fuß breiten Schuylkill in einem Bogen, und Niemand kann das gewaltige Werk anstaunen, ohne zugleich ein heimliches Grauen zu fühlen. Das Gewölbe des Bogens ist nämlich so flach, daß man kaum begreifen kann, wie es fähig sey, die schwersten Lastwagen, ohne Gefahr des Einsturzes, zu tragen. Die Brücke ist bedeckt; die Bedachung aber so geschmackvoll und leicht, daß sie an imposantem Ansehen dadurch eher gewinnt als verliert. Ihre Erbauung kostete über eine Million Gulden.
Rechts von der Brücke sehen wir einen Hügel (FAIR MOUNTAIN), dessen Scheitel mit einem Pfahlwerk umgeben ist. Auf diesem befinden sich die berühmten Werke, welche ganz Philadelphia mit gesundem Trinkwasser und den wirksamsten Waffen gegen Straßenschmutz und Brand auf das reichlichste versehen; ein Werk, das an Größe, Pracht und Zweckmäßigkeit in der Welt seines Gleichen sucht.
Man stelle sich innerhalb der sichtbaren Pallisadeneinfassung jenes Hügels, der eine Höhe von 105 Fuß über den Wasserspiegel des Flusses hat, drei 16 Fuß tiefe und 175 Fuß im Durchmesser haltende Reservoirs, aus weißem Marmor, eingemauert vor, die zusammen 200 Millionen Pfund Wasser fassen. In diese wird durch Pumpwerke, welche die Kraft des gestaueten Flusses treibt, das treffliche Wasser des silberhellen Schuylkill gehoben und von da in die Stadt in gußeisernen und zinnernen Röhren, welche zusammen eine Länge von 30 englischen Meilen haben, nicht allein zur Versorgung aller öffentlichen Brunnen geleitet, sondern auch in jedes Stockwerk jedes einzelnen Hauses, so daß mindestens jede Familie eigenes springendes Wasser besitzt. – Aber dieß ist noch nicht die ganze Wirkung der vortrefflichen Anstalt. Besondere Kanäle versorgen die Vorrichtungen, mittels welcher täglich das Abwaschen der Straßen der Stadt geschieht, und andere halten Röhren gefüllt, welche in von Strecke zu Strecke auf allen Straßen stehenden kurzen Pfeilern verborgen sind. In diesen Pfeilern befinden sich zugleich Schläuche mit Schrauben aufbewahrt, welche man bei ausbrechendem Brand sofort an die Wasserröhre, die mit einem Hahn versehen ist, befestigt, nachher den Hahn öffnet, und dadurch augenblicklich einen ununterbrochenen Wasserstrahl, der sich 80 Fuß hoch erhebt, als wirksamstes Löschmittel zur Verfügung erhält. Größeres Brandunglück ist, seitdem diese musterhafte Anstalt besteht, von Philadelphia gänzlich fern gehalten worden.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1833, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_1._Band_1._Auflage_1833.djvu/192&oldid=- (Version vom 10.6.2024)