Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band | |
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würde, – z. B. schimmernde Schneegipfel aus Wolkenhöhen und leuchtende Gletscher. Wäre es nicht eine alte Krankheit des Menschen, immer auf derselben Stelle wiederzusuchen, wo vor ihm Andere gefunden, dann könnte man nicht begreifen, warum die Schwärme der Reisenden aller Länder Jahr aus Jahr ein immer und immer nur den Rheingau zum Ziel ihrer Fahrten wählen; und ausschließlich dorthin pilgern zum Kauf des Genusses einer großen und schönen Natur, während die gleich herrlichen Gegenden in andern Theilen unseres Vaterlandes von ihnen unbesucht bleiben.
Aus dem herrlichen Panorama des Innthals gibt das nebige Bild eine der schönsten Parthien.
Die halbverfallene Bergfeste Clumm liegt dicht an der Heerstraße, welche aus Tyrol nach Baden und der Schweiz führt, ungefähr 8 Stunden westlich von Innsbruck, malerisch auf einem rundum senkrecht abgeschnittenen Felsen, nur durch eine kühne, die trennende Kluft überspannende hölzerne Brücke zugänglich. Von ihrem Thurme genießt man eine der reizendsten Aussichten, wie sie die Schweiz selbst nicht schöner bietet. Vor sich zu seinen Füßen hat der Wanderer das romantische, fruchtbare Innthal, vom breiten Strome durchschlängelt, besäumt mit dunkeln bis 1000 Fuß hohen, schroffen Felsenmauern. Ueber diese richten sich, amphitheatralisch, die höheren Bergmassen der Alpen auf, und hoch über diese hängen die ungeheuern Eisfelder des Hochvogels, dessen ewig beschneite Hörner in einer Höhe von 10,000 Fuß mit den Wolken kosen. Rechts und links in größerer Ferne schimmern die weißen Scheitel der Salzburger Alpen, des Fenner, und noch weiter der des Oerteler, dem Montblanc an Höhe fast gleich. Am herrlichsten ist die Gebirgsansicht bei untergehender Sonne, wenn in ihrem Golde die Gletscher als eben so viel Feenschlösser glänzen.
Kein Wasserbecken der Alpen stellt frappantere Gegensätze nordischer Wintereinöden mit südlichen Frühlingsparadiesen auf, als der Comer-See. Wir heben den Blick und siehe! Hinter schwarzem Tannengehölze starren die
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen und New York 1833, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_1._Band_1._Auflage_1833.djvu/145&oldid=- (Version vom 8.6.2024)