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Walther Kabel: Mexikanische Präsidenten. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 212–216

Sie mich der Unachtsamkeit fähig, eine solche Summe zu verlieren?“

Damit setzte er seinen Hut auf und verließ das Audienzzimmer.

Am nächsten Tage hatte er die Konzession in der Tasche.

Eine andere Geschichte, die auf Santa Annas Charakter ein recht bezeichnendes Licht wirft, kam im Jahre 1844 ans Tageslicht, als er gestützt und vom Kongreß zu lebenslänglicher Verbannung verurteilt wurde – ein Ereignis, das vielen politischen Gefangenen plötzlich die Freiheit wiedergab. Unter diesen Leuten befand sich auch ein gewisser Carlos Benevusto, der seinerzeit angeblich wegen hochverräterischer Umtriebe kurzerhand ohne jedes Gerichtsverfahren in den Kerker geworfen war. Benevusto hatte im Jahre 1842 eine reiche Silbermine entdeckt und war zu Santa Anna gekommen, um ihm für die Erlaubnis zum Abbau der Silberader eine bedeutende Summe anzubieten. Der Präsident fragte, ob außer Benevusto noch irgend ein anderer Mensch etwas von der Existenz der Mine wisse. Auf dessen verneinende Antwort bestimmte Santa Anna einen Tag, an dem sie beide die Mine zunächst in Augenschein nehmen wollten. Bis dahin sollte Benevusto niemand etwas von seiner Entdeckung verraten. So gelangte der Präsident in den Besitz des wertvollen Geheimnisses, und einen Tag darauf ward Benevusto dann plötzlich verhaftet und in eine feuchte Zelle transportiert, aus der ihn erst der Sturz Santa Annas befreite. Inzwischen hatte dieser die Silberader für sich selbst abbauen lassen, und Benevusto sah sich um Millionen betrogen. –

Ebenfalls ein recht eigenartiger Herr war der Präsident Miguel Miramon, der bekanntlich am 19. Juni 1867 zusammen mit Kaiser Maximilian standrechtlich erschossen wurde. Miramon hatte sich schon als Leutnant in eine junge Dame namens Maria Bombardo verliebt und ihr auch einen Antrag gemacht, war jedoch mit dem Bemerken abgewiesen worden, er solle als Hauptmann wiederkommen. Der Leutnant, bis dahin durchaus kein Streber, änderte sich mit einem Schlage. Die Liebe hatte in ihm den Ehrgeiz geweckt. Nach fünf Jahren, in denen er sich mehrfach auszeichnete, war er Hauptmann.

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Walther Kabel: Mexikanische Präsidenten. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 212–216. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mexikanische_Pr%C3%A4sidenten.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)