Seite:Merlo - Haus Gürzenich zu Köln - 62.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Mein Toast gilt einem deutschen Manne, einem meiner
bewährten treuen Freunde, dem Manne Ihres Vertrauens,
der auch meine Liebe, mein vollstes Vertrauen besitzt. Er
gebe uns einige und freie Völker, er gebe uns einige und
freie Fürsten – dem Erzherzog Johann, dem Reichsverweser!“

Und bis zur Neige leerte der König unter unbeschreiblichem Jubel sein Glas und machte dann die Nagelprobe nach alter deutscher Sitte. Und munter klangen die Gläser in dem jubelnden Sturm der begeisterten Tafelgenossen. Bald darauf erhob sich der Erzherzog ebenfalls mit seinem Trinkglas und sprach mit fester Stimme:

„Dem Fürsten, der eben meine Gesundheit ausgebracht,
dem Könige von Preussen! Gott erhalte ihn noch lange,
und unsere Eintracht und Ausdauer stehe so fest wie
Kölns Dom!“

Mit gleichem Jubelsturm wurde auch dieser Toast aufgenommen, nach welchem sich die beiden Fürsten umarmten und küssten. Sowohl der König als der Erzherzog sprachen wiederholt, und namentlich brachte der letztere einen Trinkspruch auf die Stadt Köln:

„Der Stadt, die uns das Fest bereitet hat; sie wachse und
gedeihe, sei gleich ihrem Dome stark und kräftig!“

     Der König und der Erzherzog begaben sich von da nach dem Brühler Schloss. Das Bankett auf dem Gürzenich-Saal am 15. August 1848 bleibt als eine der schönsten, freudigsten und glänzendsten Festlichkeiten in Kölns Annalen aufgezeichnet.

     Am nächstfolgenden Tage versammelte ein unter der Leitung der königlichen Musikdirektoren Dorn und Weber von den hiesigen vereinten musikalischen Kräften ausgeführtes Festkonzert um 5 Uhr Nachmittags etwa 1300 Personen in der Saaleshalle des Gürzenich und gewährte denselben einen nicht gewöhnlichen Kunstgenuss. Den Schluss machte ein Festball der Dombau-Vereinsgenossen, welcher in demselben Saal um 10 Uhr seinen Anfang nahm und bis lange nach Mitternacht die fröhlichen Tänzer und Tänzerinnen vereinigt hielt.

     In der neuern Zeit hat Köln wohl nie auf einmal so viele Fremden in seinen Mauern gesehen, wie während dieser drei grossen und unvergesslichen Tage[1].


  1. Die Programme des Komités, sowie gleichzeitige Festberichte in Tagesblättern sind zu den obigen Mittheilungen benutzt worden.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Jakob Merlo: Haus Gürzenich zu Köln, sein Saal und dessen Feste. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1885, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merlo_-_Haus_G%C3%BCrzenich_zu_K%C3%B6ln_-_62.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)