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Fahnen und Musik nach dem für das Meeting bestimmten Platz Glasgow Green. Dort versammelten sich 30 000 Personen um 14 Rednertribünen. Es war die größte Kundgebung, die die Stadt gesehen hat. Sie verlief ohne jede Störung. Einen besonders regen Anteil nahmen die Frauen, die einen Blumentag zugunsten der Partei organisierten.

Der Verlauf der Kundgebungen im ganzen Lande hat gezeigt, daß Schottland für eine mächtige Friedenskampagne reif ist.

Kriegsfeindliche Kundgebungen in Moskau. Nach einer Stockholmer telegraphischen Meldung des „Lokal-Anzeigers“ fand in Moskau auf dem Roten Platz eine gewaltige Teuerungskundgebung statt. 10 000 Menschen, vornehmlich Arbeiter, waren zusammengeströmt. Allgemein wurde geschrieen: „Nieder mit dem Krieg! Wir hungern!“ Die Mehrzahl der Geschäfte schloß sofort. Trotzdem stürmte die Menge eine Anzahl Läden und plünderte sie aus. Die Polizei hielt sich den Kravallen fern. Der Moskauer Stadthauptmann ließ am nächsten Tage ein Beruhigungsmanifest anschlagen, worin es heißt: „Ich sehe mit Kummer, daß die Moskauer die ernste Lage Rußlands nicht verstehen. Eine allgemeine Unzufriedenheit herrscht vor! Lebensmittel fehlen! Alles schreit: Möge der Krieg enden! Vergeßt nicht, alle Entbehrungen sind fürs Vaterland! Statt euren Aerger auszutoben, bedenkt: Auch der Feind entbehrt! Erinnert euch des Wortes einer der tüchtigsten Generale, die besseren Nerven siegen! Die schweren Tage werden bald vorbei sein, und Moskau hat wieder alles in Fülle. Moskau gebe der Welt ein Beispiel heißer Vaterlandsliebe[!]“

Schweden und die Friedensaussichten. Am 21. Mai fanden in Stockholm große Friedensdemonstrationen statt. In zwei überfüllten Versammlungen sprachen Hjalmar Branting, Dr. Albert Schenk aus Bern, Dr. Gulli Petrini, Dr. Lockmer, Dr. de Jong van Beek en Donk (der Geschäftsführer des Anti-Orloog Raad). Auf den Straßen wurden weiße Narzissen als Friedensblumen verkauft.

Hauptredner der Versammlung im „Auditorium“, die Branting Lindhagen leitete, war H. Branting.

Man müsse sich, meint Branting später, über die Auffassungen in den kriegführenden Ländern über einen sicheren und dauerhaften Frieden vergewissern, denn allein einen solchen könnten die Friedensfreunde anstreben. Die vorbereitende Friedensarbeit, die in der weiteren Präzisierung der Kriegsziele liegt, geht deutlich vorwärts.

Die Friedensgedanken sind, meint Branting, auf alle Fälle im Anmarsch. Gewiß sind noch Schwierigkeiten zu

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Menschen- und Völkerleben 1 (1916), Heft 6/7. Langguth, Esslingen am Neckar 1916, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Menschen-_und_Voelkerleben_1916_Heft_6-7.pdf/37&oldid=- (Version vom 25.2.2024)