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wahre Verhältnis von Recht und Macht erwachsen lasse und ein tieferes Erfassen der Botschaft Christi in seiner Bedeutung für die Gemeinschaft der Völker. Mögen wir keinen Wunsch haben, unsere Feinde vernichtet zu sehen, nur um ihrer Demütigung willen.

Lasset uns für sie wie für uns selbst wünschen, daß ihre Augen für die Erkenntnis der Wahrheit geöffnet werden mögen; lasset uns beten, daß durch die Gnade Gottes der Tag kommen möge, an dem wir einander verstehen und achten lernen, und uns als Freunde vereinigen, um nach dem gemeinsamen Guten zu streben.
Und vor allem lasset uns beten, daß wir, wenn der ersehnte Friede kommt, von dem festen Willen erfüllt sein mögen, die bittere Erinnerung an unsere Kämpfe dadurch auszulöschen, daß wir von neuem als Menschen von gutem Willen uns in den Dienst der hohen Aufgabe stellen, die Völker der Welt zur wahren Erkenntnis unseres einzigen Erlösers und des Herrn über uns alle und zum Gehorsam gegen ihn zu führen.“

Möchten alle Geistlichen sich angetrieben fühlen in diesem Sinne, jeder in den Formen, die sein Bekenntnis ihm eingibt, die einstige Verständigung der Völker vorbereiten zu helfen.

Die Frage eines Ausgleichsfriedens. Die „Zürcher Post“ vom 27. Mai enthält folgende Zuschrift: In den letzten Apriltagen wurde die Berner Postbehörde von der französischen Postbehörde verständigt, daß die Militärzensur eine Sendung des „Bundes der Menschheitsinteressen“ an den Präsidenten Wilson beschlagnahmt habe. Dieselbe enthielt die „Menscheit“ und die „Voix de l’Humanité“ vom 15. März mit den von Professor Dr. R. Broda (Bern) stammenden Vorschlägen für einen Ausgleichsfrieden und eine Bitte an die amerikanische Regierung, dieselbe wolle die Vorschläge zum Ausgangspunkt einer Vermittlungsaktion nehmen.

Soeben ist jedoch am Sitze des Bundes für Menschheitsinteressen in Bern ein Schreiben des Staatsdepartements zu Washington eingetroffen, dahingehend, daß die amerikanische Regierung die Vorschläge erhalten habe und in entsprechende Erwägung ziehen werde. Es scheint also, daß die französische Regierung die auf Beschlagnahme lautende Verfügung der eigenen Zensurbehörde wieder zurückgezogen hat. Seither hat Präsident Wilson bekanntlich auch in seiner Rede zu Charlette eine solche Aktion in Aussicht gestellt.

Ein weiteres Symptom für das Interesse an der Idee eines Ausgleichsfriedens mag darin erblickt werden, daß dem Bunde für Menschheitsinteressen auch von amtlicher

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Menschen- und Völkerleben 1 (1916), Heft 6/7. Langguth, Esslingen am Neckar 1916, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Menschen-_und_Voelkerleben_1916_Heft_6-7.pdf/32&oldid=- (Version vom 25.2.2024)