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das Meer und die Flüsse bevölkern – in den letzten Jahren wurden auch Naphtaquellen entdeckt. Bis jetzt sind nur die Steinkohlenlager verwertet worden; der Wald ist noch jungfräulicher Urwald, echte undurchdringliche sibirische Taiga, in der auf weite Strecken hin noch nie der Schuß eines Jägers oder das Beil des Holzfällers erscholl. Die Fische, an welchen die Flüsse reich sind, bilden fast die einzige Nahrung der eingeborenen Völkerstämme, doch spielen wie gesagt weder Fische noch Holz bis jetzt für den Handel eine Rolle. Japan wird es ohne Zweifel bald gelingen, sich die Vorteile, welche die Insel bietet, zunutzen zu machen, und den Teil der Insel, der ihm durch den Frieden mit Rußland zugesprochen ist, wird sich in jeder Hinsicht sicherlich bald aufs Günstigste von der russischen Hälfte unterscheiden. Bekanntlich hat der russische Staat die Insel bis jetzt überhaupt durch verbannte Verbrecher kolonisiert; außer den eingeborenen Völkerstämmen der Insel, den Ostjacken, Giljacken, Oroken und Ainos, welche sich sämtlich noch in primitivstem Zustand der Zivilisation befinden, besteht die Bewohnerschaft reichlich zur Hälfte aus Sträflingen, deren Zahl nach der letzten Schätzung 22 000 bis 24 000 beträgt, die entlassenen Sträflinge, die gezwungen werden, auf Sachalin zu bleiben, mitgerechnet; die Zahl der Männer zu derjenigen der Frauen verhält sich wie 8:1.

Bei den Verbannten ist Sachalin sehr unbeliebt, obschon dort die Beaufsichtigung viel weniger streng ist als in Sibirien; die Ursache dieser scheinbaren Milde liegt jedoch einfach darin, daß die Lage Sachalins als Insel sowohl wie seine Unwirtlichkeit das Gelingen einer Flucht fast ausschließen. Die seltenen Fälle, in denen es Flüchtlingen gelang, in einem Fasse den tataririschen Golf, der die Insel vom Festlande scheidet, zu überschiffen, – daß die Wache eines der

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Menschen- und Völkerleben 1 (1916), Heft 6/7. Langguth, Esslingen am Neckar 1916, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Menschen-_und_Voelkerleben_1916_Heft_6-7.pdf/17&oldid=- (Version vom 24.2.2024)