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20. Der Himmelsreisende.

Da war einmal ein lustiger Wandersmann, der gieng in ein Wirthshaus, um ein Glas Wein zu trinken. Sprach die Wirthin: „Woher die Reise?“ „Ich komme eben vom Himmel!“ sagte der Fremde. „Was Sie sagen! vom Himmel kommen Sie?“ sagte die Frau. „Ei freilich!“ versetzte er. „Ei,“ sagte die Frau, „da haben Sie ja auch wohl meinen seligen Mann, den Hans, gesehn?“ „Ha, das versteht sich,“ sagte der Fremde, „daß ich ihn gesehn habe; ich kenne ihn sehr gut, wir sind beständig gute Freunde zu einander gewesen.“ „Jesus Maria!“ rief die Frau, „was Sie sagen! also Sie haben ihn wirklich gesehn und gesprochen und gekannt?“ „Ei warum nicht?“ versetzte der Mann. „Um Gottes willen!“ sagte die Frau, „wie geht’s ihm denn nur?“ „Ach, so so! nicht eben zum Besten,“ sagte der Fremde. „Da droben ist’s halt schwer fortkommen. Er muß viel schaffen und der Verdienst ist gering. Als ich ihn das letzte Mal gesehn habe, hat er beinah kein heils Hemd mehr am Leibe gehabt.“ „Daß sich Gott erbarm!“ seufzte die Frau. – „Ach, wüßt’ ich nur,“ fuhr sie nach einer Weile fort, „wie ich ihm etwas zuschicken könnte, ich wollt’ ihm gern was abgeben, ich hab’s ja, Gott sei Dank.“ – „O,“ sagte der Wandersmann, „da wäre wohl Rath; ich gehe nächstens zurück, und kann ihm schon Einiges mitnehmen, was Ihr ihm schicken wollt. Das wird eine Freude sein!“ – „Ach, bester Freund,“ sprach die Frau, „also kein Hemd hat er mehr am Leibe gehabt, kein heils? Ich hab

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)