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16. Der Räuber Matthes.

Vor vielen Jahren wollte einmal ein Fuhrmann die große Steige bei Haigerloch im Hechinger Ländchen mit einem schwer beladenen Fuhrwagen hinauffahren; da stand plötzlich das ganze Fuhrwerk still als ob’s verhext wäre und kein Pferd wollte mehr anziehen. Der Fuhrmann versuchte es nun erst mit der Peitsche und schlug auf die Pferde los, um sie anzutreiben; aber es war umsonst. Dann betete er still; aber auch das half nichts. Endlich ward er zornig und fieng an zu wettern und zu fluchen, so arg er’s nur konnte. Darauf trat ein buckeliger Jäger zu ihm hin und sagte: „was gibst Du mir, wenn ich Dir helfe?“ – „Laß mal hören, was Du verlangst!“ sprach der Bauer. Da sagte der Jäger: „Du mußt mir Etwas versprechen, was Du daheim besitzest, ohne es zu wißen.“

Nun besann sich der Fuhrmann eine Weile und dachte: „Alles, was Werth hat in meinem Hause, das kenne ich ja; kenne ich etwas aber nicht, so hat’s auch keinen Werth für mich,“ und dann sprach er zu dem Jäger: „Du magst es meinetwegen nehmen; hilf mir jetzt nur, daß ich weiter fahren kann.“ Da ließ sich der Jäger mit einem Blutstropfen diese Zusage verschreiben und dann konnten die Pferde ganz bequem den Wagen hinaufziehen.

Als der Bauer nun wißen wollte, was der Jäger gemeint hatte, so sprach er: „Deine Frau trägt ein Kindlein unter ihrem Herzen, davon Du noch nichts weißt, und wenn das geboren ist, so gehört’s mein.“ Da wurde der Bauer

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_057.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)