ihr von Nutzen sein könne. Unter Veränderung der materiellen Lebensverhältnisse versteht dieser Socialismus aber keineswegs Abschaffung der bürgerlichen Produktions-Verhältnisse, die nur auf revolutionärem Wege möglich ist, sondern administrative Verbesserungen, die auf dem Boden dieser Produktionsverhältnisse vor sich gehen; also an dem Verhältniß von Kapital und Lohnarbeit nichts ändern, sondern im besten Fall der Bourgeoisie die Kosten ihrer Herrschaft vermindern und ihren Staatshaushalt vereinfachen.
Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeois-Socialismus erst da, wo er zur bloßen rednerischen Figur wird.
Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! im Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden Klasse, das ist das letzte, das einzig ernst gemeinte Wort des Bourgeois-Socialismus.
Ihr Socialismus besteht eben in der Behauptung, daß die Bourgeois Bourgeois sind - im Interesse der arbeitenden Klasse.
Wie reden hier nicht von der Literatur, die in allen großen modernen Revolutionen die Forderungen des Proletariats aussprach. (Schriften Babeufs u. s. w.)
Die ersten Versuche des Proletariats in einer Zeit allgemeiner Aufregung, in der Periode des Umsturzes der feudalen Gesellschaft direkt sein eigenes Klasseninteresse durchzusetzen, scheiterten nothwendig an der unentwickelten Gestalt des Proletariats selbst, wie an dem Mangel der materiellen Bedingungen seiner Befreiung, die eben erst das Produkt der bürgerlichen Epoche sind. Die revolutionäre Literatur, welche diese ersten Bewegungen des Proletariats begleitete, ist dem Inhalt nach nothwendig reaktionär. Sie lehrt einen allgemeinen Ascetismus und eine rohe Gleichmacherei.
Die eigentlich socialistischen und kommunistischen Systeme, die Systeme St. Simons, Fouriers, Owens u. s. w. tauchen auf in der ersten unentwickelten Periode des Kampfs zwischen Proletariat und Bourgeoisie, die wir oben dargestellt haben. (S. Bourgeoisie und Proletariat.)
Die Erfinder dieser Systeme sehen zwar den Gegensatz der Klassen, wie die Wirksamkeit der auflösenden Elemente in der herrschenden Gesellschaft selbst. Aber sie erblicken auf der Seite der Proletariats keine geschichtliche Selbstthätigkeit, keine ihm eigenthümliche politische Bewegung.
Da die Entwicklung des Klassengegensatzes gleichen Schritt hält mit der Entwicklung der Industrie, finden sie eben so wenig die materiellen Bedingungen zur Befreiung des Proletariats vor, und suchen nach einer socialen Wissenschaft, nach socialen Gesetzen, um diese Bedingungen zu schaffen.
An die Stelle der gesellschaftlichen Thätigkeit muß ihre persönlich erfinderische Thätigkeit treten, an die Stelle der geschichtlichen Bedingungen der Befreiung phantastische, an die Stelle der allmählich vor sich gehenden Organisation des Proletariats zur Klasse eine eigens ausgeheckte Organisation der Gesellschaft. Die kommende Weltgeschichte löst sich für sie auf in die Propaganda und die praktische Ausführung ihrer Gesellschaftspläne.
Sie sind sich zwar bewußt, in ihren Plänen hauptsächlich das Interesse der arbeitenden Klasse als der leidendsten Klasse zu vertreten. Nur unter diesem Gesichtspunkt der leidendsten Klasse existirt das Proletariat für sie.
Die unentwickelte Form des Klassenkampfes, wie ihre eigene Lebenslage bringen es aber mit sich, daß sie weit über jenen Klassengegensatz erhaben zu sein glauben. Sie wollen die Lebenslage aller Gesellschaftsglieder, auch
Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. London: Office der „Bildungs-Gesellschaft für Arbeiter“, 1848, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Manifest_der_kom_Partei_1848-1.djvu/021&oldid=- (Version vom 1.8.2018)