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und im zweiten Jahre schwatzte er die Mutter fast taub. Man kann eben nicht sagen, daß er stark schrie, denn er hatte eine schwache, feine Stimme: er war aber außerordentlich redselig, und sprang immer auf dem Tische herum, wenn er mit der Mutter ein Gespräch führte.

Auch seinen Brüdern machte er anfangs vielen Spaß, und es kam ihnen gar komisch vor, wenn er über Tische an der Schüssel auf seiner Mutter Schnupftabacksdose saß, und mit einem Puppenlöffelchen aß. Nach und nach aber wurden sie ihm gram, weil er sie verrieth, wenn sie genascht, oder sonst etwas Unrechtes und Böses gethan hatten, und sie plagten den armen kleinen Schelm nicht wenig. Bald steckten sie ihn in ihre Rocktaschen, aus denen er kaum mit dem Kopfe heraussehen konnte, bald sperrten sie ihn in eine Schachtel, und ließen Mücken zu ihm hinein, die sie fingen, und vor denen er sich ganz entsetzlich fürchtete. Einst, als ihn die Mutter im ganzen Hause lange vergeblich gesucht hatte, fand sie ihn endlich in der Küche in dem Mehlkübel, in den ihn seine schelmischen Brüder gesteckt hatten. Die arme Frau war sehr aufgebracht über die bösen Buben, doch dankte sie Gott, daß sie ihren lieben Bubu nur wieder hatte, denn sie glaubte schon, er sey von der Katze gefressen worden.

So wurde der Kleine zwölf Jahre alt, ohne auch nur eines Fingers breit gewachsen zu seyn. Doch hatte er sich immer wohl befunden, nur ein Paar Mal hätte er recht unglücklich seyn können. Er fiel nämlich einmal von einem Laib Brot herab, und war in Gefahr, den Arm zu brechen; auch stürzte er eines Tages in eine Schüssel voll Milchsuppe, woraus er naschen wollte, und wäre gewiß ertrunken, wenn ihn die Mutter nicht schnell herausgezogen hätte.

Jetzt starb aber die Mutter, und nun ging es dem armen