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das verschneite enge Waldtal. Tief hängen die Äste der hochstämmigen Fichten unter der Last der Schneedecke, auf der die Sonnenstrahlen ihr glitzerndes Spiel treiben. Wo das Sträßchen der Schattenseite entlang führt, umfängt uns das feierliche Düster des Tannenwaldes. Jetzt weitet sich das Tal. Wir treten aus dem Wald hinaus, und vor uns liegt im hellen Sonnenglanz ein breiter Grund, in dem der Weiler hingebettet ist. Ein Bataillonskommandeur, Major ..., und zwei Kompanieführer melden sich beim General, der mich ihnen vorstellt. Nach wenigen Worten wird man vertraut: Major ..., ein in der alpinistischen Forschung und Literatur wohlbewanderter und selbst schriftstellerisch tätiger Mann, gibt sich mir als Mitglied des Schweizerischen Alpenklubs zu erkennen, erkundigt sich, nachdem er vernommen, daß der Berichterstatter Berner ist, nach dem Befinden unseres schweizerischen Alpenforschers und Redakteurs des Jahrbuchs des Schweizerischen Alpenklubs, Herrn Dr. Dübi in Bern, an den er mir Grüße aufträgt, die ich auf diesem Wege übermittle. Hauptmann ... hat ebenfalls rege Beziehungen zu der Schweiz und ihren alpinistischen Bestrebungen und frägt nach einem gewissen festfrohen Berner Professor, der die Vornamen des Übersetzers der Odyssee trägt und der ihm als Organisator skisportlicher Veranstaltungen bekannt ist. Wie klein doch diese Welt ist, überall in fremden Landen knüpft sich das Band persönlicher Beziehungen!

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/242&oldid=- (Version vom 1.8.2018)