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internationalen Sängerchors erschallt, so wissen sicherlich alle, was er bedeutet. Das deutsche Kampflied, von Deutsch-Österreichern, Polen, Tschechen und Ungarn vorgetragen — das ist wohl ein überzeugender Tatsachenbeweis dafür, daß dieser Krieg kein deutscher Rassenkrieg ist, wenn er auch um die Machtstellung der deutschen Kultur geführt wird.

Die sprachliche Vielgestaltigkeit dieser Truppen führt bisweilen auch zu heiteren Zwischenfällen.

Der erst vor kurzem neu eingeteilte Führer einer Motorbatterie sah sich eines Tages veranlaßt, einem seiner ungarischen Untergebenen wegen dienstlicher Vergehen eine eindringliche Strafpredigt zu halten. Der Hauptmann redete sich ordentlich in die Hitze hinein, und wie er endlich fertig war und den Ungar, der die Rede unbeweglich und anscheinend mit gespannter Aufmerksamkeit angehört hatte, anherrschte: Verstanden? so antwortete dieser gehorsamst: Zu Befehl, Herr Hauptmann, nix Deitsch.

Ja, der heißblütige Ungar! Das ist überhaupt ein Soldat von ganz besonderer Art: tapfer und wagemutig, treu seiner Fahne, ritterlich und kameradschaftlich, leichtsinnig, und mancher etwas leichtlebig. Einer von ihnen, der Sohn wohlhabender Eltern, stand während einiger Zeit in Metz im Garnisondienst. Von Hause erhielt er von Zeit zu Zeit eine erhebliche Soldzulage. Waren seine zweihundert Mark angekommen, so steckte er sie jeweilen in die Tasche, ging ins feinste

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)