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Da raunte Heinzelmännchen:

„Heinzel-Heinzel-Heinzelmann
Alle Türen öffnen kann –“

und war verschwunden, ehe Wendelin noch etwas entgegnen konnte.

Pünktlich um Mitternacht schlich Wendelin vorsichtig, damit der nebenan schnarchende Konrad nicht erwache, aus seinem Kämmerlein die Bodentreppe hinab, bis er endlich voll Erwartung vor der Kellertür stand.

Plötzlich sprang die schwere Tür lautlos auf; da stand Heinzelmännchen mit einem winzigen Grubenlichtchen vor ihm und leuchtete kichernd in Wendelins Antlitz.

„Bist wohl gar erschrocken,
Weil ich komm’ auf Socken?“

Wendelin nickte lachend, während das Männlein tuschelte:

„Klipper-klapper-Heinzelschuh’
Stören leicht der Schläfer Ruh.“

Geräuschlos schloß sich die Kellertür, indessen die beiden hinabstiegen. Zu fragen wagte der Jüngling nichts; sein Herz pochte vor Erregung und Erwartung, als Heinzelmännchen an der dicken Mauer ein Hämmerlein aus seinem Wämschen zog und dreimal leise an die Wand pochend sagte:

„Felsblock in der Mauer weiche, –
Zeig’ den Weg zum Heinzelreiche!“

Und wirklich! ein Knirschen ward hörbar, dann drehte der Quaderstein sich so gehorsam, als wäre er eine gut geölte Tür, daß eine in die Tiefe führende Felsentreppe sichtbar wurde.

Einen Augenblick zögerte Wendelin, dem voraneilenden und ihm winkenden Männchen zu folgen, doch dann stieg er unentwegt mit hinab. Die Felsentür hatte sich längst hinter ihnen geschlossen. Bald nach rechts, bald nach links, bald breit, bald

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipzig: Leipziger Graphische Werke AG, 1927, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)