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Springmännchen und Goldfasan.

Es war einmal ein sehr weiser König, der zwei Söhne hatte. Der Aelteste, Prinz Balduin, war sehr mutig, hatte Freude an Ritterspielen, glänzenden Festen und Veranstaltungen; doch wurde er immer hochmütiger und prachtliebender.

Der jüngere Sohn, Prinz Immo, war sanft und still. Obwohl nicht minder tapfer als sein Bruder, sah er neidlos dessen Triumphe beim Turnier und festlichen Aufzügen. Er selbst liebte das Waidwerk im grünen Walde mehr als das festliche Gedränge der Ritterspiele.

Wenn seines Vaters Untertanen ihm begegneten, nickte er ihnen freundlich zu. Die Leute verneigten sich tief vor ihm und sprachen zueinander: „Das ist unser guter Prinz Immo. Gott segne ihn.“

Sehr gern aber saß Immo im Kreise weiser Männer und ließ sich aus alten Pergamenten belehren, wodurch er seinem Vater eine besondere Freude bereitete.

Beide Königssöhne wollten auf Abenteuer ausziehen. Der König hörte das mit Sorge, denn er fürchtete, daß beide dabei zu Schaden kommen könnten. Doch dachte er endlich: „Vielleicht werden meine Söhne in der Fremde ihren Charakter und ihre Befähigung noch mehr als daheim zeigen, und ich werde je nachdem, wie sie sich in der Welt draußen bewähren, vielleicht genau ermessen können, wen ich später zu meinem Nachfolger machen kann.“

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)